Svenja Svendura aus Kiel
Vergleicht mal dieses Foto von mir mit dem Bild ganz unten auf der Seite. Hättet ihr mich wiedererkannt?


Endurowandern in Dalarna

Im Juli 2005 breche ich mit meiner Netbiker Freundin Claudia zu einer Adventuretour nach Schweden auf. Unsere Reise führt ins Bärengebiet von Dalarna. Höhepunkt der Tour wird ein Open Air Konzert mit dem London Symphony Orchestra in der Open Air Arena von Dalarna sein...

Ich fahre gegen 16.30 Uhr aus Trappenkamp los und bummele gemütlich in Richtung A1. Als Treffpunkt hatten wir die Raststätte Buddikate Ost verabredet. An das veränderte Fahrverhalten der beladenen Katie gewöhne ich mich schnell, denn wie immer hatte ich sehr sparsam gepackt und nicht jeden Mist mitgeschleppt, den ich später ohnehin nicht brauchen würde.

Die Wartezeit auf der A1 vertreibe ich mir im Gespräch mit einer Bikergruppe aus Holland, die auch nach Schweden unterwegs ist. Um 17:57 Uhr dann eine erlösende SMS von Claudia: "Ich bin unterwegs!"

Doc rollt ein
Claudia rollt in Buddikate ein

Knapp 90 Minuten, zwei Bratwürste und drei Becher Kaffee später, rollt Claudias vertraute Africa Twin auf die Raststätte. Nach einem kurzen Begrüßungskaffee düsen wir gemeinsam auf der dicht befahrenen A1 zum Fähranleger der TT-Line nach Travemünde. Über die Spur 6a fahren wir zwischen Familiencombis und Containerlastern direkt in den Bauch der brandneuen Nils Holgersson. Ein megafreundlicher Einweiser lotst uns über das LKW-Deck zwischen den riesigen Lastern hindurch. Wir müssen ihm noch versprechen, am nächsten Morgen ganz früh an unseren Bikes zu sein und erhalten dafür den besten Platz ganz vorne an der Rampe. Der Einweiser zeigt uns noch, wie wir unsere Bikes am besten vertäuen können und versorgt uns mit Spanngurten und Unterlegkeilen. Das Gepäck können wir komplett auf den Maschinen lassen. Die videoüberwachten Fahrzeugdecks sind während der Überfahrt verschlossen.


Am Abfertigungsschalter der TT-Line in Travemünde

Wir suchen uns anschließend den Weg vom Fahrzeugdeck zu unserer Kabine. Puh.. das Schiff ist ganz schön groß. Gut, dass Claudia einen eingebauten Kompass im Kopf zu haben scheint, denn so finden wir unsere Kabine sofort. Wow! Welch ein Luxus. Alles ist nagelneu und sogar ein eigenes Duschbad gehört zu unserer Kabine.


Leinen los - Sweden here we come!

Den Abend verbringen wir auf dem Sonnendeck zusammen mit ein paar Dosen Becks Bier, die wir zuvor im Supermarkt kennengelernt hatten. Wir gehen früh schlafen, um für den nächsten Morgen fit zu sein. Die Kojen sind prima und doch werde ich häufig wach vor Aufregung und um bloß nicht zu verschlafen. Unsere Bikes stehen schließlich vor allen LKW ganz vorne.


Ankunft in Schweden - früh, kalt und grau in grau

Bei der Ankunft ist es ziemlich kalt, obwohl es schon Ende July ist. Das Wetter ist schwer einzuordnen, es könnte noch Regen geben.

Wir sitzen lange vor dem Anlegen startbereit auf unseren Maschinen. Als die riesige Schiffsluke sich langsam öffnet und den Blick auf Trelleborg freigibt, heizen wir mit AK vom Schiff, noch bevor die stählerne Rampe richtig auf dem Kai liegt. Die Festmacher schicken uns einen gellenden Pfiff hinterher, der wohl soviel heißen soll, wie: "Viel Spaß in unserem schönen Schweden, ihr stolzen Motorradritter..". Claudia meinte eher:"Wartet gefälligst, bis wir angelegt haben, ihr Senfnasen...!"

Vor lauter Aufbruchstimmung verfahren wir uns erst ein paar Mal, bevor wir aus diesem blöden Hafen rausfinden. Jedenfalls haben wir danach alle wieder vor uns, die wir gerade durch unseren Stunt an der Rampe abgehängt hatten.

Wir fahren ohne weiteren Stop von Trelleborg in Richtung Norden. Schon nach einer knappen Stunde ist die Zivilisation vergessen und wir genießen die wunderschöne schwedische Landschaft.


Claudia fährt voraus - im Topcase unsere Kaffeeküche

Ein kleiner Wermutstropfen trübt gleich zu Anfang unsere nagelneue Bikerfreundschaft: Ich hatte versprochen, den ersten Teil der Reiseroute auszuarbeiten. Wir wollten am ersten Tag schnurstracks von Trelleborg nach Hätteboda fahren, wo wir die Zelte für die Nacht aufschlagen wollten. Leider hatte ich dieses Verspechen völlig vergessen, als ich über den wirklich wichtigen Fragen der Reise brütete: Daune oder Kunstfaser, Merlot oder Bordeaux...
Jedenfalls will ich mir jetzt keine Blöße geben und fahre zielstrebig in eine Richtung, die ich selbst für Nordosten halte. Als ich mich schließlich so verfahren habe, dass es nicht mehr zu leugnen ist, übernimmt Claudia reichlich angepestet die Führung und gibt sie für die Dauer der Reise nicht mehr ab. Puh.... zum Glück!

Auf Claudias Anregung hin haben wir diesmal die komplette Kaffeeküche mitgenommen. Gaskocher, Topf und Filterkaffee. Wir machen unsere erste schwedische Kaffeepause und kochen am Wegesrand eine frische Kanne Kaffee. Eine geniale Idee...


Kaffee kochen am Wegesrand - in 30 Minuten kam nur ein Auto vorbei

Wir fahren über die Straßen 108 und 119 durch bis nach Urshult, wo wir auf dem Hätteboda Vildmarkscamping unsere Zelte aufschlagen. Der Platz ist absolut genial, ich hatte ihn schon bei meiner letzten Schwedenreise 2003 besucht. Kurz gesagt: Camping auf dem Abenteuerspielplatz. Unsere Zelte stellen wir oben auf den Felsenkeller, der hier mangels Strom die Kühlschränke erstetzt. Wir haben einen tollen Ausblick aufs Moor.


Hätteboda Vildmarkscamping - Claudias Zelt steht weiter links oben

Obwohl das Camp mitten im Wald liegt mit mehreren Seen und einem Moor, haben wir keine Probleme mit Mücken. Es gibt ein paar dieser üblen Plagegeister, aber sie sind nicht wirklich nervig. Mit ein wenig Autan werden wir in Ruhe gelassen. Das sollte in ein paar Tagen schon ganz anders aussehen...


einige Zelte stehen ohne jede Gartenzwergromantik mitten im Moor auf einer Wiese

Die zweite Tageshälfte verbringen wir mit lesen, schlafen und faulenzen. Ein herrlich entspannter erster Urlaubstag, wäre da nicht Claudias angespanntes Verhältnis zu stockfinsteren Plumpsklos, quietschenden Wasserpumpen und noch lauter quietschenden Kindern. So bleibt unser Eindruck von Hätteboda diesmal geteilt. Ich liebe den Platz für seine Abenteuerlichkeit, während Claudia keine 100PS mehr dorthinbringen könnten. (ich komme aber auf jeden Fall wieder :-)


Turbodoc am Grill - die Grillplätze sind echt klasse auf Hätteboda

Später genießen wir den Abend an einer der zahlreichen Feuerstellen, wo wir unsere mitgebrachten ALDI-Bratwürste grillen. Wir hatten für den ersten Abend Proviant mitgebracht, um nicht gleich mit einer Einkaufstour starten zu müssen.

Nach dem Essen sitzen wir noch einen Moment gemeinsam am Feuer bevor Claudia früh schlafen geht. Ihr steckt noch die letzte 48h Schicht unmittelbar vor ihrer Abreise in den Knochen. Ich verbringe noch die halbe Nacht am Feuer mit einem Bremer Ehepaar, dessen Sohn gerade einen großen Hecht (51cm) aus dem See gezogen hat. Schließich gehe auch ich schlafen und werde nachts durch einen kräftigen Regenschauer geweckt. Regen ist doof, aber ich liebe trotzdem dieses einmalige Gefühl im warmen Schlafsack zu liegen, während draußen der Regen aufs Zelt prasselt.

Als ich morgens um sieben die Nase aus dem tropfnassen Zelt stecke, sitzt mein unsteter Bikerkumpel schon beim dritten Becher Kaffee vorm Zelt. Claudia ist nicht in Partylaune! Die sanitären Anlagen in Basic-Qualität und das Krakehlen einiger Kinder zerren an ihren Nerven.
Nach einem kurzen Frühstück brechen wir die Zelte ab und fahren weiter in Richtung Norden. Es sind nur noch 3 Tage bis zum Konzert in Dalhalla.


so könnte ich stundenlang durch die Wälder cruisen

Heute haben wir einen 400km Tag vor uns, was auf den kleinen schwedischen Landstraßen eine schöne Strecke ist. Wir halten uns überwiegend an die erlaubten 90km/h auf Landstraßen. Der Digitaltacho der KTM pendelt sich knapp über 90 ein.

Wir ziehen in völliger Einsamkeit unsere Bahn durch die endlos erscheinenden schwedischen Mischwälder. Abseits der großen Europastraßen sind wir erstaunt, wie selten uns ein anderes Fahrzeug begegnet. Die wenigen Ortschaften liegen unglaublich weit auseinander, ganz anders, als wir das in Deutschland kennen. Deshalb kommen wir trotz der geringen Geschwindigkeit sehr gut voran. Motorradfahren in Schweden ist wirklich ein Traum!

Das Wetter ist wechselhaft, die Wolken hängen tief. Manchmal bekommen wir ein paar Tropfen ab und so fahren wir hunderte von Kilometern auf regennassen Straßen. Wir brauchen aber keine Regenkombis anzuziehen, weil unsere Textilkleidung absolut wasserdicht ist.
Je weiter wir nach Norden kommen, desto kälter wird es. Als es nur noch 16°C sind, ziehe ich meinen Fleecepullover über die Thermounterwäsche. So kalt habe ich den Juli in Schweden noch nicht erlebt. Aber egal: wir haben eine erstklassige Ausrüstung dabei und lassen uns die Laune nicht vermiesen.


Campingplatz Karlstorp eher untypisch für Schweden

Nach sieben Stunden Fahrt und 368 km laufen wir einen kleinen Campingplatz an, der ausschließlich mit schwedischen Dauercampern belegt ist. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Die Aussicht auf eine heiße Dusche hat für heute jeden Gedanken an Wildcampen überstrahlt.

Ich hatte just gehofft, dass ich auch mal einen Grund hätte sauer zu sein - schließlich hatte Claudia den Platz ausgesucht - da entpuppt sich das Camp auf den zweiten Blick als wahres Juwel mit einem absolut genialen Waschhaus und Duschen auf dem Niveau eines Grand Hotels. Man muss draußen die Schuhe ausziehen, was aber aufgrund klinischer Sauberkeit kein Hindernis ist und so rutsche ich begeistert auf dicken Socken über das Linoleum bis zum Klo.


Als Exoten unter Dauercampern - aber die Klos sind klasse :-)

Wir bauen unsere Zelte auf Parzelle No.18 auf und lassen die mitleidig, freundlichen Blicke der Dauercamper über uns ergehen. Im Supermarkt vor der Stadt hatten wir uns Lammkoteletts und Entrecotes gekauft, die wir auf einem winzigen Einweggrill köstlich zubereiten. Es wird ein total lustiger Abend, bis wir satt und leicht beschädelt von schwedischem Bier wieder früh schlafen gehen.


nach knapp 30 Minuten ist alles zusammengepackt und wir sind startbereit

Nachts gibt es wieder heftige Regenfälle, so dass wir morgens früh die tropfnassen Zelte zusammenpacken und weiterziehen in Richtung Norden.

Heute ist ein besonderer Tag, denn wir wollen durchfahren bis nach Dalhalla. Morgen ist schon das Festival und wir müssen in Ruhe einen geeigneten Lagerplatz suchen. Es ist ein schweinekalter 29. Juli und wir ziehen wieder Thermounterwäsche und Fleecepullover an. Es sind unter 15°C, aber die Fahrt macht trotzdem viel Spaß, weil die Strecke so schön zu fahren ist.


Wir machen Pause an einem See - schweinekalt, aber der Kaffee ist heiß

Inzwischen gehen die Landstraßen immer mehr in Schotterpisten über, die sich mit den Enduros genial befahren lassen. Es ist ein sehr fester Schotterbelag mit nur wenigen Schlaglöchern und vereinzelten Steinen. Andere Fahrzeuge und Menschen trifft man kaum noch und so lasse ich die KTM ein paarmal so richtig fliegen. 140 km/h mit Urlaubsgepäck sind auf der Katie kein Hindernis, welch ein Fahrwerk, wow! Hier braucht man nicht hinter jeder Kurve Angst zu haben, dass sich ein Dackel mit Leine ums Hinterrad wickelt.


mein Lieblingsfoto - das ist für mich Endurowandern. Klasse, oder?!

Wir fahren mehr als 120km auf Schotterpisten und haben eine Menge Spaß dabei. Das Reisetempo liegt auf Schotter so zwischen 65 und 90 km/h. Hinter einer Kurve wird uns unverhofft klar, weshalb die Pisten in so einem tollen Zustand sind. Eine riesige Schotterfräse lockert den Untergrund und beseitigt alle Schlaglöcher.


der frisch gefräste Schotter ist noch weich und anspruchsvoll zu fahren

Je höher wir heute nach Norden fahren, desto schöner wird das Wetter. Die beiden großen Seen, Vännern und Vättern haben wir lange hinter uns gelassen. Wir fahren weiter in Richtung Rättvik am Siljan See, wo in der Nähe ganz versteckt im Wald Dalhalla liegen soll.

Als wir in die Nähe von Rättvik kommen, fallen uns überall amerikanische Straßenkreuzer und jede Menge Rockabellas auf. Cooool. In Rättvik findet an diesem Wochenende die "International Classic Car Week" statt und es ist buchstäblich die Hölle los. Der Event hat leider den Nebeneffekt, dass alle Campingplätze der Umgebung bereits restlos überfüllt sind. Umso besser: ein Grund mehr, ein wildes Camp mitten im Wald aufzuschlagen, noch cooler!


Jede Menge süßer Rockabellas kommen zur Classic Car Week nach Rättvik

Wir kaufen in einem völlig überfüllten Supermarkt Vorräte für die Nacht und suchen unseren Weg zur Arena nach Dalhalle, wo bereits einige große Showtrucks stehen. Von dort aus fahren wir im Schritttempo zurück, um einen Weg in den scheinbar undurchdringlichen Wald zu finden. Nach wenigen hundert Metern kreuzt ein reißender Bach die Straße. Ich finde eine völlig überwucherte Fahrspur und schaffe es, mich mit der KTM tief in den Wald zu fräsen, wo ich eine wunderbare Lichtung ganz in der Nähe des Baches finde. Hier wollen wir unser Lager aufschlagen. Claudias Africa Twin muss leider draußen bleiben, sie ist für diese Strecke eindeutig zu moppelig (die Twin, nicht Claudia :-)


Wildcampen versteckt zwischen Bäumen auf einer kleinen Lichtung im Wald

Es ist mittlerweile ein wunderschöner, warmer Sommertag geworden und die schweren Motorradklamotten, das Gepäck und das unwegsame Gelände sorgen dafür, dass wir ganz schön ins Schwitzen kommen. Plötzlich sind wir von Mücken umzingelt. Die Biester sind anscheinend halb verdurstet und suchen sich jeden cm² freie Haut. Je mehr wir schwitzen, desto schlimmer wirds. Zur Abwehr verreiben wir auf unserer Haut eine Mischung aus Autan und Schweiß, die die Mücken auch aus größerer Entfernung zuverlässig zu unserem Lager führt. Schließlich kippe ich mir sogar ein bisschen davon auf die Haare. Tatsächlich haben wir danach etwas Ruhe. Die Mückos schwirren zwar noch überall um uns herum, stechen aber nicht mehr. Man darf nur keinen Flecken Haut vergessen und muss die Behandlung ungefähr alle 90 Minuten wiederholen.


Ein kleines Lagerfeuer, ein paar Steaks und etwas Bier - dafür lass ich jedes Hotel sausen

Als das Lager aufgeschlagen ist und wir langsam zur Ruhe kommen, werden auch die Mücken weniger. Es ist noch immer schlimm, aber trotzdem auszuhalten. Bevor wir zum Festival gehen, machen wir uns noch ein schönes Lagerfeuer und grillen ein paar leckere RibEye Steaks, die wir uns aus Rättvik mitgebracht hatten. Claudia sammelt mit Feuereifer Brennholz und schon bald haben wir genügend Holz für die ganze Nacht.


Soooooo groß werden die Bäume in Schweden

Gegen Abend packen wir unseren Rucksack und gehen zu Fuß den kleinen Kilometer bis zur Arena. Wir nehmen genügend Rotwein und Essen mit. Ob wir nachts unseren Lagerplatz wiederfinden werden? Bei unserer Rückkehr wird es stockfinster sein und auch wenn Claudia und ich dann schon alle Lampen anhaben, ist nicht gesagt, dass wir damit unsere Zelte wiederfinden...

Auf dem kurzen Weg zur Arena überholen wir zu Fuß die Blechkarawane, die sich mühsam auf den angeschlossenen Großparkplatz quält. Clevere Biker, wir!


zu Fuß nach Dalhalla - jetzt bloß nicht vergessen wo die Zelte stehen

Die Tickets für "Abba - The Show" hatte ich schon zuhause im Internet gebucht. Mit der Ticketnummer dauert es nur wenige Minuten, bis wir durch die Kasse sind. Als ich die riesige Arena zum ersten Mal sehe, bin ich hin und weg: Wow, welch ein Krater. Rieeeesig!


Vor 360 Millionen Jahren ist hier ein Meteor eingeschlagen

Wir gehen mit hundert anderen in Ruhe den langen Fußweg zur Bühne hinunter. Es wird viel gestaunt gelacht und fotografiert. Die Menschen benehmen sich sehr rücksichtsvoll, niemand drängelt. Auf halbem Weg hat sich ein Jugendchor aufgebaut, der a capella einige Songs singt. Als sie California Dreamin' anstimmen, schiessen mir spontan Tränen der Rührung in die Augen. Wie ich so in der warmen Abendsonne stehe und der Musik lausche, emfpinde ich einen der glücklichsten Momente meines Lebens.


Kein Klischee, es gibt wirklich ungewöhnlich viele Blondinen in Schweden

Wir haben so ziemlich die besten Plätze direkt vor der Bühne in der achten Reihe. Einfach perfekt. Ich weiß nicht genau, ob das Picknicken in Schweden erfunden worden ist, aber wundern würde es mich nicht. Die meisten Menschen beginnen unmittelbar mit der Nahrungsaufname. Was die Schweden wohl denken werden, falls sie das in Deutschland versuchen und schon im Eingangsbereich an einem freundlichen Türsteher scheitern, der ihnen Kartoffelsalat und Rotwein einfach abnehmen würde, oh, oh...


Für mich total ungewohnt, dass man Wein und Proviant mit reinnehmen darf

Schließlich beginnt "Abba - The Show" und ich bin sofort gefesselt. Die schwedische Abba Coverband Waterloo gilt als eine der besten weltweit. Sie sehen den original Abbas zum Verwechseln ähnlich und singen fabelhaft. Die Abba Songs kommen perfekt rüber und es herscht eine tolle Stimmung. Die Band wird begleitet vom London Symphony Orchestra, die live eine unglaubliche Performance liefern. Meine Begeisterung steigert sich von Song zu Song und als Mama Mia läuft habe ich mich mit Eric, dem schwedischen Rocker neben mir angefreundet. Wir tauschen Bier gegen Wein. Er erzählt mir dreimal, wie Benny von Abba einmal hinter Erics Haus einen Elch geschossen hat. Ich bin ehrlich beeindruckt.

 
Abba Revival live at Dalhalla

Als die Show vorbei ist, gibt es Standing Ovations für die Band. Claudia und ich gehen gemütlich zurück in eine Richtung von der wir denken, dass dort unsere Zelte stehen müssten. Ich nehme Claudia an die Hand und zeige ihr, wo genau wir im finsteren Unterholz stehen. (Oder war es umgekehrt?!)

Wir haben noch genügend Holz und sitzen bis spät in die Nacht am Feuer. Dazu trinken wir roten Wein und unterhalten uns über die Show. Schließlich gehen wir schlafen. Wir wollen am nächten Tag zeitig aufbrechen. Bislang sind wir nie länger als eine Nacht an einem Ort geblieben und haben jeden Tag unsere Zelte neu aufgeschlagen.

 
Aufbruch am Lake Siljian

Am nächsten Tag haben wir erneut Glück mit dem Wetter und fahren auf Schotterpisten zurück in Richtung Süden. Wir sind hellauf begeistert von der Landschaft. Hier oben in Dalarna ist Schweden besonders schön. Auf einer Talsperre machen wir Rast und können uns nicht sattsehen an dieser tollen Landschaft.


Das komplette Gepäck mit Zelt, Schlafsack, Isomatte, Kissen und Klamotten in einem Ortlieb

Am nächsten Tag gönnen wir uns einen freundlichen Familiencampingplatz. Die Duschen können wir jetzt gut gebrauchen. Wir stehen auf einer großen Wiese mit Blick auf den See. Es gießt in Strömen als ich noch einmal ins Dorf düse, um Vorräte zu kaufen. Wir legen einen entspannten Abend ein und essen wegen des einsetzenden Dauerregens im Zelt. Wir sind beide ziemlich erledigt und gehen früh schlafen.


Wir hatten sogar zwei Campingstühle mit, meiner passte mühelos in die Ortlieb Tasche Rackpack

Es ist der 1. August, als wir bei wechselhaftem Wetter aufbrechen. An die Schotterpisten haben wir uns inzwischen gewöhnt. Claudias Africa Twin liegt wie ein Brett auf dem losen Untergrund und so haben wir wieder einen ganzen Tag Endurowandern vor uns.


Turbodoc voraus - mit popeligen 81km/h werd ich locker abgehängt

Unterwegs machen wir Rast an einem wunderschönen Flußlauf. Die Wolken spiegeln sich im Wasser und es ist angenehm warm. Keine einzige Regenwolke in Sicht.


Eine Landschaft wie aus einem Pipi Langstrumpf Film

Gegen Mittag kommen wir an einem See vorbei und machen eine kurze Pause.


Pause am See

Claudia sammelt uns ein paar Blaubeeren, die man in Schweden oft im Unterholz findet.


wachsen fast überall am Wegesrand

Auf der ganzen Reise sind wir nicht ein einziges Mal irgendwo eingekehrt. Kein McDonalds, keine Frittenbude, nichts! Stattdessen: Picknick statt Pommes. Sehr lecker, spart eine Menge Geld und man kann Essen wo es schön ist.


Wir fahren 25km lang auf solchen Wegen zu unserem Camp am See

Gegen Abend machen wir uns auf der Suche nach einem Platz für die Nacht. Bier, Fleisch und Schokolade haben wir schon eingekauft. Wir verlassen die Straße und fahren gut 25 km tief in den Wald hinein. Der Untergrund ist sandig, lässt sich aber mit den Enduros gut befahren. Wir bleiben fast immer unter 50 km/h. Plötzlich öffnet sich der dunkle Waldweg und wir stehen am sandigen Ufer eines riesengroßen Sees, den wir kaum überblicken können. Wir sind beide hellauf begeistert und absolut einig darin, dass dieses bislang unser schönster Übernachtungsplatz ist.


Das andere Ufer ist nur zu erahnen, so groß ist der See

Claudia ist vor Begeisterung völlig aus dem Häuschen, reißt sich die Klamotten vom Leib und springt wie eine Gehörnte in den See. Meine Hochachtung wächst, denn das Wasser ist echt schweinekalt, brrrrrr...


Eine Gefahr für sich selbst - Claudia im Wasser



Bei mir selbst reicht es nur zum Wäschewaschen und selbst das sorgt schon für Eisbeine. Die so gewaschenen T-Shirts sollten übrigens erst zuhause im Tümmler wieder trocken werden. In Schweden ganz sicher nicht.


Das Shirt wurde während des ganzen Urlaubs nicht mehr trocken

Abends sammeln wir eine Riesenmenge Feuerholz und machen eine kleine Beachparty. Wir grillen uns fette RibEye Steaks, trinken Bier und finden unseren Urlaub einfach klasse! An diesem Platz wollen wir einen Pausentag einlegen und zwei Nächte bleiben.


Unser Lagerfeuer ist der einzige Lichtpunkt -- es ist stockfinster und herrlich einsam

Als wir am nächsten Morgen aus dem Zelt schauen, hat das Wetter umgeschlagen. Es ist sehr windig und die tiefhängenden Wolken versprechen uns Regen. Es wird wieder nichts aus einem Pausentag. Wir packen zusammen und ziehen weiter.


Öffnungszeiten von 8 bis 22 Uhr sind in Schweden keine Seltenheit

Am frühen Nachmittag fahren wir auf einen kleinen, schwedischen Familiencampingplatz am See. Nicht gerade unsere erste Wahl, aber wir wollen endlich mal wieder duschen und sind auch ein bisschen durchgefroren. Mit etwas Glück stehen die Zelte noch bevor der Regen einsetzt.


Es ist kalt und ungemütlich

Wir stellen die Zelte auf und wundern uns ein bisschen über das schweinekalte Wetter. Für Anfang August sind 14°C nicht zuviel :-)


02. August 2005, 20:30 Uhr - 14° Celsius

Den Rest des Abends sitzen wir auf einer kleinen Bank vorm Zelt. Claudia liest einen Roman und ich schreibe unser Reisetagebuch weiter.


Jeden Abend schreibe ich in mein Reisetagebuch

Wir sind froh, als wir den Campingplatz am nächsten Tag hinter uns lassen können. Claudia war durch den benachbarten Spielplatz nicht amüsiert und die betrunkenen Camper am anderen Seeufer hallen bis morgens um 2 Uhr zu uns rüber. Das Wildcampen war eindeutig schöner. Ohne weitere Verzögerungen fahren wir zur Fähre nach Helsingborg, wo wir nach Dänemark übersetzen.


Im Bauch der Fähre fotografieren uns zwei Biker, die just aus Norwegen zurückkommen

Als wir in Dänemark anlegen, beschließen wir, noch eine weitere Nacht in Dänemark zu zelten, bevor wir endgültig zurück nach Hause fahren wollen. Der Platz ist riesig und mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet. Trotzdem fühlen wir uns nicht halb so wohl wie in Schweden im Wald. Aber an Wildcampen ist in Dänemark nicht zu denken. Zu dicht besiedelt und zu verboten.


netter Platz, tolle Duschen und prima Wetter

Unser letzter Urlaubstag bricht an und wir setzen mit der Fähre von Rödby nach Puttgarden auf Fehmarn über. Ein letztes Mal verzurren wir unsere Bikes an Bord.


Man muss sein Bike selbst verzurren, damit es bei Seegang nicht umkippen kann

 

Es war mein schönste Motorradurlaub bisher. Claudia und ich haben uns super verstanden und viele schöne Dinge erlebt. Ich bin ganz sicher nicht zum letzten Mal am Siljansee gewesen. Auf der Rückfahrt bin ich traurig.


Auf der Rückfahrt bin ich in melancholischer Stimmung


Gefehlt haben:

Überflüssig mitgereist sind:

 


Platzhalter
Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.