Platzhalter Rømø Inselkarte
Platzhalter Kawasaki KLX250 mit Gepaeck
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Kawasaki KLX250 mit Gepaeck
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Kawasaki KLX250 Tankstelle
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Kamera um den Hals
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Ela auf Baghira
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Volker am Strand
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Motorradfahren am Strand
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Svenja auf MZ Baghira
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Enduroreifen TKC80 am Strand
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Yamaha Tenere Endurowandern am Strand
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Besprechung am Strand
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Konzentration auf dem Motorrad
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Svenja ohne Helm
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Yamaha am Strand
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Gewitter in Daenemark
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Rømø Bageriet
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Rainer
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Eggi und Ela
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Ela und Svenja
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Ela und Svenja
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Ela und Svenja
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Ela und Svenja
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Svenja am Grill
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Campinghuette
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Svenja beim Baecker
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Tankstelle Motorrad
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Rømø 2011 - Enduros am Strand

Svenja bei PLAZA“Sonst noch etwas?”, fragt das Girl am Fleischtresen nun bereits zum dritten Mal und ganz offen­sichtlich weiß mein Kumpel Volker nicht, dass man darauf auch mit einem höflichen “Nein, danke.” antworten könnte. Das fällt ihm erst ein, als schon 1.113 g Grillfleisch auf der Waage liegen. Für eine Person! Ich stehe mit Ela und Eggi fassungs­los daneben und stelle mir selbst einen bunten Teller leckerer Steaks zusammen.

Es ist 10 Uhr morgens bei PLAZA in Kiel und als das Fleisch und die Kräuterbutter verstaut sind, starten wir die Motoren unserer Enduros und brechen auf nach Rømø zu einem Wochen­ende am Autostrand.

Rømø ist eine dänische Nordseeinsel, die für ihren sagenhaften Autostrand berühmt ist. Man darf dort ganz legal am Strand fahren. Die Insel liegt nördlich von Sylt und ist wunderschön. Rømø ist für Sylt, was Pippa Middleton für ihre Schwester Kate ist, nämlich insgeheim die schönere Schwester. (memo: Satz auskommentieren, solange ich mit der KLX in England unterwegs bin.)

Der Strand ist auf gut neun Kilometer Länge zu befahren und mit über zwei Kilometer Breite von den Dünen bis zum Wasser ist er zudem der breiteste Strand in ganz Nordeuropa. Man muss es selbst erlebt haben. Dieser Strand ist so riesig, dass er fast endlos erscheint und oft sieht man keinen anderen Menschen und kein Fahrzeug bis zum Horizont.

Bei Nebel ist das Befahren des Strandes übrigens verboten, denn schon so mancher Tourist aus Wanne Eickel hat seinen Opel versehentlich ins Wattenmeer Richtung England gelenkt, obwohl er doch nur auf dem Rückweg zu seinem Tabbert Comtesse (cremefarben mit Voll­aus­stattung) gewesen ist.

Kanalfähre Sehestedt mit dem MotorradFür die Anreise habe ich uns die schönste Route heraus­gesucht. Wir fahren in Sehestedt mit der Fähre über den Nord-Ostsee-Kanal, weiter nach Eckernförde, direkt an der Ostsee entlang und dann auf Nebenstraßen über die Schleibrücke Lindaunis bis zur Dänischen Grenze in Flensburg. Nur die letzten 85 km sind eher langweilig, denn "Schönste Motorrad­strecke Dänemarks" bedeutet nicht mehr, als: "Bester Skispringer Thailands".

Obwohl es fast nur geradeaus geht, sorgt ein strammer Seitenwind für recht ordentliche Schräglagen. Puh, ist das anstrengend. Wir sind alle ziemlich froh, als wir endlich den 9 km langen Rømø-Damm erreichen, der die Insel mit dem Festland verbindet.

Endurowandern mit Svenja
Fahrt über den Rømø-Damm durchs Wattenmeer

Als wir nach drei Stunden Fahrt die Enduros am Check-In des Rømø Familie Campingplads abstellen, werden wir dort bereits von Rainer erwartet, der mit seiner XT660 tatsächlich extra aus Koblenz angereist ist, nur um mit uns ein wenig im Sand zu spielen.

Rainer hat einen ganzen Streifen saftigster grüner Wiese für uns in Beschlag genommen und so haben wir jede Menge Platz für unser kleines Endurocamp aus fünf Einweggrills, vier Zelten, drei Yamaha XT, einer MZ Baghira und meiner giftgrünen KLX250.

Endurowandern mit Svenja
Unser Camp auf Rømø (Foto: Volker)

Während die Motoren der Enduros noch leise knistern, werfe ich mit einem Lachen den Zeltsack meines Vaude Campo ins Gras. “Jetzt zeigst du den Jungs mal, wie blitzschnell ein Mädchen ihr Zelt aufstellen kann.”, denke ich voller Vorfreude, als genau in dieser Sekunde mein Kumpel Eggi ruft: “Fertig. Können wir jetzt endlich zum Strand?!”

Ich traue meinen Augen nicht. Innerhalb einer Minute hat Eggi mit zwei lässigen Handgriffen sein QuickUp Zelt fertig aufgestellt. Mein Lächeln kneift in den Mundwinkeln, als ich mein anerkennendes: “Ey, super, Eggi!”, zwischen den Zähnen hervorpresse. Grmpf...

Sowie das Lager fertig ist und alle Koffer, Tankrücksäcke und Gepäckrollen abgebaut sind, starten wir die Einzylinder Enduros und fahren quer über die Insel zum Strand nach Lakolk. Nach wenigen Minuten haben wir die Auffahrt zum Strand erreicht.

An dieser Stelle endet der tiefschwarze, sauber geteerte Asphalt mit den penibel gemalten Markierungen und führt direkt auf den Strand hinaus. Ohne anzuhalten fahren wir ganz legal offroad weiter und plötzlich öffnet sich ein weiter Blick auf kilometerlangen weißen Sand. Dieser besondere Moment haut mich jedesmal aufs Neue um und ich bin total begeistert.

Endurowandern mit Svenja
Die Auffahrt zum Strand in Lakolk, Rømø (Foto: Volker)

Apropos umhauen: Die meisten Umfaller passieren genau hier auf den ersten Metern im Sand, wo der ständige Seewind immer ein paar Verwehungen bereit hält. Im Sommer macht es viel Spaß, den anderen Bikern bei ihren ersten Metern im Sand zuzusehen und es lohnt sich, kleine Kärtchen mit Haltungsnoten von eins bis zehn bereitzuhalten.

Vorsichtig durchqueren wir die ersten Sandwehen und wenden uns nach links in Richtung Sønderby. Hier geht der Strand in eine knallharte Sandpiste über, auf der wir kaum Reifen­spuren hinterlassen. Dazwischen gibt es immer wieder tückische Stellen aus feinstem Pulver­sand, die unsere ganze Aufmerksamkeit erfordern.

Die Piste ist mehrere hundert Meter breit und wir rollen in großen Abständen über den Strand dahin. Einige von uns sind zum ersten Mal mit ihrer Enduro am Strand und jeder ist gespannt darauf, wie sich sein Motorrad im Sand verhalten wird.

Endurowandern mit Svenja
Der Strand ist mehr als zwei Kilometer breit

Acht Jahre ist es her, dass ich zuletzt am Strand gefahren bin und vieles hat sich seitdem verändert: Aus Sven wurde Svenja und aus der starken KTM Adventure eine leichte 250er Enduro. Und genau wie mein Motorrad, bin auch ich heute schwächer, aber auch viel leichter als das Vorgängermodell.

Behutsam gebe ich mehr Gas und plötzlich ist dieses vertraute Gefühl wieder da und alles ist so, wie es immer gewesen ist. Bis zum Anschlag reiße ich das Gas der kleinen Kawasaki auf und lade erst unmittelbar vorm Begrenzer die nächsten Gänge nach, ohne auch nur einen Millimeter Gas wegzunehmen. Der Motor brüllt bei jedem Gangwechsel kurz auf und tief nach vorn gebeugt schießen wir über den Sand dahin.

Kawasaki Enduro beim Driften
Mit der leichten Kawasaki KLX250 ist das Fahren im Sand ganz einfach (Foto: Volker)

Jetzt eine Vollbremsung und dabei blitzartig drei Gänge runtersteppen. Das Hinterrad bockt wie wild, weil die KLX keine AntiHopping Kupplung wie die Wettbewerbsmaschinen hat, aber sie hält sich tapfer.

Svendura am Strand
Svenja mit ihrer Enduro am Strand (Foto: Volker)

Im letzten Moment ziehe ich das Heck im Bremsdrift herum und gebe gleichzeitig Vollgas. Das Heck bricht aus, ich stemme den Innenfuß in den Sand und die kleine Kawasaki geht sauber in einen Drift über.

SvenjaDas Adrenalin kocht unter meiner Schädel­decke und während ich mit vor Anspannung weit aufgerissenen Augen und rasendem Puls meine Bahnen ziehe, merke ich, dass mir mit fast 50 Jahren inzwischen die Fitness fehlt, eine längere Veranstaltung zu fahren und mache eine Pause.

Den anderen gegenüber tue ich so, als wenn ich mir nur etwas Sand aus den Augen reiben will, aber in Wahrheit bin ich so ausgepumpt, dass ich die ersten zwei Minuten kaum sprechen kann.

Ela hat auf ihrer hochbeinigen MZ Baghira 660 inzwischen regelrecht Blut geleckt. Mit strahlendem Gesicht und leuchtenden Augen macht sie ihre ersten Driftversuche und wird dabei immer mutiger.

Als zum ersten Mal das Hinterrad ausbricht und sie die Maschine aus einem leichtem Drift wieder gerade zieht, ist sie vor Freude ganz aus dem Häuschen. Eine Sandfontäne hinter sich herziehend, rast sie in Richtung Horizont davon.

Endurowandern mit Svenja
Ela auf der MZ Baghira am Strand (Foto: Eggi)

Eggi hat es anfangs etwas schwerer. Als langjähriger Superbike Fahrer sind gute Haftung und Seitenhalt alles für ihn und nur äußerst ungern gibt er etwas davon auf, während er mit seiner Tenere im Sand spielt, die es ihm mit ihrer extremen Sitzhöhe zusätzlich schwer macht. Doch nach und nach fasst Eggi Vertrauen zu seiner XT und treckert mit dem starken Einzylinder durch jede Tiefsandstelle.

Endurowandern mit Svenja
Eggi auf seiner Yamaha XT660Z Tenere am Strand (Foto: Volker)

Für Rainer und seine XT660 ist das Endurowandern am Strand noch absolutes Neuland. Die XT sieht noch aus, wie frisch aus dem Laden, aber wenn er so weiterheizt, wird das nicht mehr lange so bleiben.

Endurowandern mit Svenja
Rainer auf der Yamaha XT660R am Strand (Foto: Volker)

Rainer zeichnet sich leider durch das völlige Fehlen von Angst aus, was wiederum mir Angst einjagt, weil ich genau weiß, wohin das führt. “Jetzt hör’ ich auf, sonst leg ich mich noch auf die Fresse.”, bemerkt er schließlich selbst und ich kann mich dem nur anschließen.

Währenddessen hat Volker mit seiner Canon EOS D7 hunderte von Actionfotos geschossen und als ich die Aufnahmen später betrachte, bin ich froh, dass er nicht auf mich gehört hat, denn ich hatte ihm davon abgeraten, die wertvolle Ausrüstung mit an den Strand zu nehmen.

Endurowandern mit Svenja
Volker auf seiner Yamaha XT660Z Tenere am Strand

Nachdem Volker die empfindliche Ausrüstung im Tankrucksack verstaut hat, fährt er mit der drehmoment­starken Tenere anfangs vorsichtig und schließlich immer mutiger durch den schweren nassen Sand und tastet sich langsam an die Haftgrenzen seiner Enduroreifen heran. Sein Heidenau K60 Scout ist im Sand recht anständig, auch wenn er kein Grubber ist, wie Elas grobe TKC80 Stollenreifen.

Aus unerfindlichen Gründen lenkt Volker seine XT in Richtung Küste und nach einer Weile ist er trotz seiner neongelben Jacke aus unserem Blickfeld verschwunden. Ab und zu sehe ich noch einen Scheinwerfer am Horizont aufblitzen, aber solange er nicht senkrecht in den Himmel leuchtet, mache ich mir noch keine Sorgen.

Volker unterwegs nach England
Der eine dunkle Pixel ist tatsächlich Volker auf dem Weg nach England

Trotzdem dauert es verdächtig lange, bis Volker wieder auftaucht und auftauchen ist wohl der richtige Ausdruck, denn die XT hatte sich festgefahren und nur durch engagiertes Schieben und Fluchen haben die beiden wieder festen Grund erreicht. Man sollte eben nicht ausge­rechnet dort fahren, wo einige Stunden später wieder die Brandung der Nordsee tobt.

Gerade als ich allmählich den Eindruck gewinne, alle außer mir hätten Superkräfte, setzt auch bei den anderen langsam die Erschöpfung ein und wir verlassen für heute die riesige, salzige Sandkiste. Seit einer guten Stunde muss ich unentwegt an die große Tüte Steaks denken, die mir die Girls am Fleischtresen mitgegeben haben.

Auf dem Rückweg ins Camp machen wir Halt in Kirkeby, wo sich Volker und Eggi ihre Ein­weg­grills holen. Ich habe meinen schon bei PLAZA in Kiel gekauft, was sich später noch als ziemlich clever herausstellen wird.

Supermarkt auf Rømø
Volker und Svenja im Supermarkt

Die dänischen Grillschalen sind mit 25 DKK (ca. 3,30 EUR) zwar nicht teuer, aber dafür taugen sie nichts. Das Aluminium ist zu dünn, der Grill damit zu lappig und die enthaltene Grillkohle, die aussieht wie Hasenködel, brennt nicht lange und nicht heiß genug. Aber sonst ist der Grill prima :-)

An der Rezeption vom Rømø Familie Campingplads frage ich, ob wir einen der fetten Holztische vom Grillplatz mit in unser Camp nehmen dürfen. Wir dürfen. Das massive Teil ist aber so schwer, dass auch die Mädchen mit anfassen müssen und zum ersten Mal finde ich Emanzipation irgendwie total doof.

Endurocamp in Dänemark
Ela, Eggi, Svenja und Rainer im Camp (Foto: Volker)

Volker wendet ein, dass Tisch und Bänke nichts mehr mit Abenteuerurlaub zu tun haben, aber ich habe keine Lust, mit dem Hintern im nassen Gras zu sitzen und natürlich kriege ich recht, weil ich ein Mädchen bin :-)

Wir raffen die Getränke, das Campingbesteck, die Tüten mit den Steaks und die Einweggrills zusammen und machen uns fröhlich durcheinander quasselnd ans BBQ. Ich habe diesmal extra ein Paket Grillanzünder mitgenommen, weil ich die Einweggrills schon kenne und weiß, dass da immer zu wenig Anzünder drin ist. Das eine magere Blatt Papier obendrauf kriegt die Kohle meistens nicht in Gange. Und überhaupt: wie kann man den Grillanzünder AUF die Kohle legen?

Vorsichtig lösen wir die Grillroste von den Aluschalen und pimpen unsere Grills mit einem kräftigen Hieb chemischer Grillanzünder. Jetzt noch ein paar zusätzliche Luftlöcher in die Schalen bohren und ab geht die wilde Fahrt. Mein kleiner Landmann Grill brennt sofort lichterloh und innerhalb kürzester Zeit ist die Kohle durchgeglüht. Zuerst sind die Entrecotes an der Reihe und es zischt total lecker, als ich die beiden fetten Steaks auf den heißen Grill schmeiße.

SvenjaVolker hat Schwierigkeiten, sein 5 cm dickes T-Bone Steak auf dem kleinen dänischen Hasenködel Grill zu atomisieren. Das Fleisch zu dick und der Grill zu schwach. Ich kriege Mitleid und biete dem Steak den Sozius auf meinem Grill an. Inzwischen haben wir fünf Grills in Arbeit, wovon einer allein für Rainers französische Speziali­täten­küche reserviert ist. (Sprecht ihn bloß nie auf Frankreich an, dann dreht er völlig durch, hört nicht mehr auf zu schwärmen und wir können es alle ausbaden)

Eggi hat sich bei PLAZA kurzerhand eine Pute von 1m Stockmaß ausgesucht und in dünne Scheiben schneiden lassen. Er sitzt vor seiner Grillschale und wirkt mit sich und der Welt im Reinen. Das bisschen, das Ela isst, fällt dabei nicht weiter ins Gewicht.

Die Stimmung im Camp ist richtig prima. Die Grills glühen, räuchern, brutzeln, oder schwächeln, je nach Temperament, vor sich hin. Das Fleisch wird entweder atomisiert oder noch halbroh heruntergeschlungen und die ganze Zeit über herrscht munteres Palaver um Enduros, Reifen, Zelte und um das Fahren im Sand. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so glücklich gewesen bin.

Um 22 Uhr ist auf dem Campingplatz Nachtruhe und mir passt das heute ganz prima in den Plan, denn ich bin müde, erschöpft und fange langsam an zu frieren. Nach einem kurzen Besuch im Spülhaus, wo ich Volker noch eben in die Kunst des Geschirrspülens einweise, krieche ich total zufrieden in meinen kuscheligen Daunenschlafsack und bin innerhalb von Minuten tief eingeschlafen.

Abwaschen auf dem Campingplatz
Svenja hilft Volker beim Abwaschen

Nach neun Stunden allerbesten Premiumschlafs, werde ich am Morgen gegen sieben Uhr wach, greife mein Waschzeug und mache mich auf in den Maschinenraum. Claudia will heute zu Besuch kommen. Mit ihrem kleinen Renault Twingo, der liebevoll nur Bimbo genannt wird, will sie uns als Basisfahrzeug am Strand begleiten und auch ein paar Fotos machen.

Als ich aus dem Waschhaus komme, traue ich meinen Augen nicht. Es ist 7:30 Uhr und wer steht freudestrahlend im Jeansmini mit Pumps auf dem nassen Rasen und grinst breit über beide Ohren? Claudia.

Wie sich herausstellt, hat sie an der Grenze das Schild nicht bemerkt, das dem Reisenden einige Grundregeln Dänermarks nahebringen soll. Ganz einfache Dinge, wie zum Beispiel: Landstraße 80 km/h.

Claudia kommt zu Besuch
Claudia kommt zu Besuch

Ich meckere sie wegen der Heizerei erstmal kräftig aus und lasse auch ihre Ausrede nicht gelten, dass die Pumps mit den Keilabsätzen so schwer sind. Puh, welch ein Glück, dass ihre Reisekasse nicht dem ersten Politiassistenten am Wegesrand in die Hände gefallen ist.

Nachdem alle endlich wieder halbwegs entfaltet sind, fahren wir gemeinsam zur Rømø Bageriet, dem Rømø-Bäcker. Diese Bäckerei ist unglaublich, weil sie so völlig anders ist, als unsere Kieler Bäckereien. Die Bageriet ist eine Mischung aus Zuckerbäckerei und Frühstücks­bistro und mir geht auf der Stelle das Herz auf. Es gibt genügend Tische am Fenster, wo wir uns mit den ganzen Motorradklamotten in Ruhe ausbreiten können.

Rømø Bageriet
Morgens treffen wir uns alle in der Rømø Bageriet zum Frühstück

Obwohl ich Kohlenhydrate sonst meide, haut mich die leckere Auslage am Tresen regelrecht um. Dort liegen die verführerischsten, leckersten, süßesten und buntesten Kreationen aus Marzipan, Buttercreme, Nougat, Schokolade und Blätterteig, die ich je gesehen habe.

Frühstück beim Rømø BäckerWow, denke ich, und bestelle mir ganz hemmungslos Blätterteig­brötchen, Marzipankuchen und ein Stück Buttercreme zum Früh­stück. Dazu buche ich die Flatrate am Kaffeeautomaten, der den unglaublich besten Kaffee kocht, den ich je aus einer Maschine getrunken habe. Ihr müsst unbe­dingt die Wiener Melange pro­bieren, die ist der absolute Hammer. Ich glaube, man muss No.3 drücken.

Als Eggi das Bufffet sieht, kriegt er den totalen Kuchenflash und weiß gar nicht, was er zuerst nehmen soll (es war schließlich das Bananen­buttercremetörtchen). Sprecht Rainer nicht auf Frank­reich und Eggi bloß niemals auf den Rømø-Bäcker an. Die fangen dann nämlich beide total an zu nerven und manchmal sabbern sie auch ein bisschen.

Endlich ist der letzte Kaffee getrunken und das letzte Stück Buttercreme gegessen. Wir starten die Enduros und fahren zum Sønderstrand, wo wir auf einer riesigen freien Fläche ungestört unsere Kreise ziehen wollen.

Endurowandern am Strand Auffahrt Sønderby
Rømø - Die Auffahrt Sønderby Strand

Schon seit langem würde ich zu gerne einmal eine Tenere fahren, denn dieses Motorrad begeistert mich schon seit ich das erste Mal draufgesessen habe.

Svendura auf der Yamaha XT660 TenereVolker vertraut mir seine makel­lose schwarze Yamaha an und ich verspreche ihm, auch ganz vorsichtig damit zu sein und keinen Quatsch zu machen. Nicht auszudenken, wenn ich sein schönes Motorrad kaputtmache.

Schon nach den ersten Metern auf der Tenere, bin ich so begeistert von der Maschine, dass ich die guten Vorsätze über Bord werfe und fahre wie immer.

Diese Enduro fährt sich super im Sand und der gutmütige Motor ermöglicht durch sein hohes Drehmoment coole Drifts aus niedrigem Tempo ohne großes Risiko.

Ich bin begeistert von der XT, auch wenn sie soviel wiegt, wie meine KLX mit einer 74 kg schweren Sozia hinten drauf.

Volker sieht trotzdem ziemlich erleichtert aus, als ich ihm die hübsche, schwarze Yamaha ohne einen Kratzer zurückgeben kann und ich selbst bin innerlich genauso froh, dass nichts passiert ist.

Svenja Svendura auf Yamaha XT660 Tenere beim Endurowandern am Strand
Nach wenigen Metern sind die guten Vorsätze vergessen (Foto: Volker, weinend)

Danach überrede ich Ela, mich ein Stück auf ihrer MZ Baghira fahren zu lassen und ich bin erstaunt, wie leicht das große Motorrad ist. Der Einzylinder ist ein wahrer Treckermotor und zieht die hochbeinige Enduro mit hoher Traktion durch jeden Tiefsand. Schade, dass die Baggi nicht mehr gebaut wird, ich mag diese Enduro.

Svenja, Eggi und Ela und die MZ Baghira

Endurowandern am Autostrand in Skandinavien
Auf Svenja kann man sich verlassen... (Fotos: Volker)

Gegen Mittag kommen wir auf die Idee, nach Havneby zu fahren und am Hafen etwas Fisch zu besorgen. Die Buttercreme steht mir zwar noch bis zum Hals, aber ich behaupte einfach, schon wieder Hunger zu haben, denn frischem Seefisch kann ich einfach nicht widerstehen.

Rømø Havneby bei den Kuttern
Am Hafen in Havneby, Rømø (Foto: Volker)

In Havneby gibt es mit "Otto & Ani`s Fisk, Rømø" ein tolles Fischgeschäft, wo die Fische vom Netz bis auf den Teller nur ein paar Meter zurücklegen müssen. Die Kutter machen nämlich direkt vorm Laden fest.

Gerade als wir die Köpfe vor der Karte mit den Angeboten zusammenstecken, beginnt es zu regnen und wir setzen uns ins SB-Restaurant, das zum Laden gehört.

Fischgeschäft in Havneby, Rømø
Vor der Speisenkarte von Otto & Ani`s Fisk in Havneby stecken wir die Köpfe zusammen (Foto: Volker)

Volker weiß zuerst nicht, ob er überhaupt mit rein darf, weil er nämlich keinen Fisch mag, aber wir sind sechs Leute und da fällt ja wohl ein Eckensitzer, der nur zum Aufwärmen da ist, nicht weiter dumm auf.

BeschreibungFür Claudia und mich bestelle ich zwei Portionen Seelachs mit Krabben. Die Bestellung gebe ich direkt am Tresen auf, wo ich total freundlich bedient werde.

Ich bezahle im Voraus und kriege für mein Geld zuerst nur einen kleinen schwarzen Diskus, auf dem eine einsamene Leuchtdiode müde vor sich hinblinkt. Was ist das denn?

“Den nehms du mid an dein Tisch un’ wenn die Essen ferdig is, dann fängt den an su blingen.”, klärt mich der freundliche Fischhändler geduldig auf. Eine prima Idee, denke ich, trotzdem würde ich mit dem Ding nicht gerne vor der israelischen Botschaft herumhängen.

Nach einer Weile beginnt der kleine Puk zu blinken und zu vibrieren, wie ein gepimptes Nokia auf Speed. Am Tresen tausche ich ihn gegen zwei dampfend heiße Portionen Fisch ein. Das Essen ist hammerlecker und ich bin begeistert.

Svenja bei Otto und Ani's Fisk in Havneby, Rømø
Svenja in Otto und Ani's Fisk in Havneby, Rømø

Inzwischen regnet es immer heftiger und reichlich überfressen schwingen wir uns auf die Enduros, um zurück ins Camp zu fahren. Wieder halten wir beim Supermarkt, wo Rainer auf sein neues Motorrad hin einen Dreibeingrill und einen Sack Holzkohle spendiert. Von der müden Fleischkocherei auf lauwarmen Grillschalen hat er die Nase voll.

Ein kleines Stück die Straße runter wohnt der Rømø Slagteren und wenn ihr jemals einen Menschen erleben wollt, der Freude am Beruf hat, dann solltet ihr mal dort vorbeischauen. Der Römö Schlachter verkauft tolle Grillspezialitäten und seine gute Laune dabei ist total ansteckend. Bei ihm hat Rainer innerhalb von drei Tagen Stammkundenstatus erlangt, ebenso wie im Fischladen in Havneby, und ich frage mich, wie man sowas schafft.

Heute ist es uns zu ungemütlich, um an dem Tisch neben unseren Zelten zu sitzen. Es ist nur noch knapp über 13°, sehr windig und es gibt immer wieder kurze Schauer. Wir setzen uns lieber an die überdachten Tische am Grillplatz, wo wir uns in Ruhe ausbreiten können, weil wir den Platz Mitte Mai noch ganz für uns allein haben.

Während Claudia und Volker den Grill zusammenschrauben, mieten Ela und Eggi sich für die letzte Nacht eine Holzhütte auf dem Campingplatz, denn Eggi hat Rückenschmerzen bekommen und auch sein winziges Zelt ist zwar blitzschnell aufgebaut, aber für zwei Biker mit Gepäck, Helmen und Klamotten etwas (sprich: viel!) zu klein.

Am Grillplatz gibt einen Aufenthaltsraum, in dem ein AirHockey Tisch steht und Eggi ist völlig aus dem Häuschen. Schließlich war er einmal Lübecks ungekrönter AirHockey Champion und Ela lässt sich auf ein Match mit ihm ein.

Beschreibung
Ela und Eggi beim AirHockey

Als ich kurz darauf zum ersten Mal Elas glockenhelle GuteLauneLache höre, möchte ich sie am liebsten sofort als Klingelton herunterladen. Ihr Lachen ist so ansteckend, dass schließlich alle mitlachen, ohne überhaupt zu wissen, worum es geht.

BeschreibungInzwischen schnappe ich mir den Dreibeingrill, den Rainer spendiert hat, und das Ding entpuppt sich schnell als echter Höllen­brenner. Was ein großer Sack Briketts und ein halbes Pfund Grill­anzündern doch ausmachen können...

Wow, welch eine Hitze das Biest hat, und so mampfen nach kurzer Zeit alle zufrieden an ihren mehr oder weniger verkohlten Stücken Pute, Lamm, Schwein oder Rind herum.

Nach dem Essen wollen Ela und Eggi unbedingt noch einmal zum Strand fahren. Sowas ähnliches hatte ich schon befürchtet und deshalb vorsichtshalber ein Glas Bier von Rainer geschnorrt.

“Viel Spaß, ihr Beiden, ich kann leider nicht mitfahren, ich habe schon was getrunken.”, behaupte ich in perfekt gespieltem Bedauern. Dabei tun mir nur die Knochen weh und ich freue mich schon auf meinen Schlafsack.

Claudia und die Biker am Grill
Ein heißer Grill schafft zufriedene Gesichter

Gegen 22 Uhr habe ich mit der beginnenden Nachtruhe die perfekte Ausrede, um endlich schlafen zu gehen. Rainers Einwand, es sei doch aber erst kurz nach neun, ignoriere ich und behaupte frech, dass Dänemark keine Sommerzeit habe.

Als ich nach einem letzten Besuch im Waschraum ins Zelt komme, liegt Claudie schon seelig schlummernd in ihrem Schlafsack. Das frühe Aufstehen, die Fahrt nach Dänemark und der lange Tag am Strand haben sie ordentlich mitgenommen.

Campingplatz bei Nacht
Nachtruhe auf dem Campingplatz

In der Nacht werde ich einmal kurz wach, als ein leichter Landregen aufs Zelt trommelt. Ich kuschele mich noch etwas tiefer in meinen gemütlichen Daunenschlafsack ein, drehe mich auf die andere Seite und bin sofort wieder eingeschlafen. Ich liebe es, gemütlich im trockenen Zelt zu liegen, während draußen der Regen aufs Dach prasselt.

Bis zum Morgen hat es aufgehört zu regnen und leicht zerknittert mache ich mich auf in den Waschraum. Wenn ich schnell genug bin, habe ich mir vielleicht ein neues Gesicht gemalt, bevor mich jemand ungeschminkt zu Gesicht bekommt.

Es ist schweinekalt und windig. Was hat mich nur geritten, mein pinkes Tussi Outfit mitzu­nehmen? Ich hätte stattdessen lieber eine zweite Fleecejacke einpacken sollen. Egal, so ist das Outfit wenigstens mal ein Stück in der Welt herumgekommen.

Als Claudia aufgestanden ist, bauen wir in Windeseile das Zelt ab. Wir haben es beide eilig, endlich zum Rømø-Bäcker zu kommen. Mir ist allerdings weniger nach Buttercreme, als nach einer neuen Flatrate für diesen sexy Kaffeeautomaten.

Zelt abbauen
Volker baut sein Zelt ab und ich unterstütze ihn mit guten Ratschlägen

Nach und nach trudelt auch der Rest der coolen Gang in der Rømø Bageriet ein und nach kurzer Zeit lachen, reden und schmatzen alle munter durcheinander. Mir ist inzwischen total schlecht, weil ich zum Frühstück drei Becher Kaffee und sechs halbe Brötchen aus Blätterteig dick mit gesalzener Butter gegessen habe. Ich muss dringend an die frische Luft und außerdem ist es Zeit, nach Hause zu fahren.

Ela beim Römö Bäcker
Ela und der Kaffeeautomat

Auf der Rückfahrt gucken wir immer wieder besorgt nach oben, denn das Wetter sieht viel­versprechend aus, viel Regen versprechend. In Tinglev ziehen wir die Regenkombis an, aber vermutlich haben wir das Unwetter dadurch verscheucht, denn bis Kiel bleibt es trocken.

Auf der Rückfahrt durch Dänemark
Auf dem Rückweg fahren wir dem Regen davon

Auf der JET-Tankstelle in der Eckernförder Straße trennen sich unsere Wege. Ela und Eggi müssen zurück nach Lübeck, Volker sogar bis nach Dortmund und der verrückte Rainer will heute noch bis nach Koblenz fahren. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge winke ich die kleine Gang auf den Zubringer zur Autobahn.

"Tschüss, ihr verrückten Muschelschubser und gute Fahrt nach Hause. Soviel Spaß, wie an diesem Wochenende, habe ich lange nicht gehabt.

PS: Lachendes Auge, weil ich noch T-Bones habe und die werfe ich gleich auf den Grill..."

Volker hat einen genialen VideoClip zu unserer kleinen Muschelschubsertour gemacht.
Viel Spaß dabei :-)


Am Endurostrand Rømø 2011




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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.