Reise nach Island
Tag 1: Kiel - Silkeborg
Tag 2: Silkeborg - Hirtshals
Tag 3: Hirtshals - Norröna
Tag 4: Shetlands - Färöer
Tag 5: Seyðisfjörður - Möðrudalur
Tag 6: Vormittag: Zur Askja
Tag 6: Nachmittag: Zur Herdubreid
Tag 7: F88 - Dettifoss - Ásbyrgi
Tag 8: Ásbyrgi - Myvatn
Tag 9: F26 - Sprengisandur
Tag 10: F821 - Akureyri - Blönduos
Tag 11: Kjölur - Kerlingarfjöll
Tag 12: Kjölur-Geysir-Pingvallavatn
Tag 13: Pingvallavatn - Holmavik
Tag 14: Holmavik - Flokalundur
Tag 15: Svalvogur - 622
Tag 16: Flokalundur - Budardalur
Tag 17: Budardalur - Pingvellir
Tag 18: Selfoss - Landmannalaugar
Tag 19: Landmannahellir - Vik
Tag 20: Vik - Skaftafell
Tag 21: Skaftafellsjökull
Tag 22: Skafta - Eislagune - Höfn
Tag 23: Höfn - Djupivogur
Tag 24: Djupivogur
Tag 25: Djupivogur - Seyðisfjörður
Tag 26-29: Heimreise
Fazit der Reise
Platzhalter Motorradreise Island
Platzhalter Motorradtour Island
Platzhalter Islandreise
Platzhalter Islandreise
Platzhalter Islandreise
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Nach Island!

Heute beginnt unsere große Abenteuer­reise auf eine geheim­nis­volle Vulkan­insel im Nord­atlantik. Endlich Urlaub! Neunundzwanzig Mal schlafen in Pieps' Welt. Allein die Anreise dauert vier Tage. Soll ich wirklich über jeden einzelnen ausführlich berichten? Über jeden öden Kilometer Dänemark, jeden müßigen Tag auf See und jedes überfressene Captain's Dinner?

Motorrad in der Tiefgarage

"Ja!", denke ich empört. Wer mit uns in Urlaub will, der soll auch ein bisschen mitleiden und die komplette Anreise von Kiel bis Seydisfjördur durch­stehen. Das ist ja wohl das Mindeste, rege ich mich auf. Warum soll nur ich frieren, mich langweilen, nass werden, überfressen und über Seegang, fehlende Schwimmwesten und doofe Passagiere aufregen?

Fast ein Jahr haben die Vorbereitungen gedauert. Einerseits will ich die perfekte Ausrüstung, andererseits nicht mehr als 25 kg Gepäck auf­laden. Soviel Aufwand habe ich noch für keine Reise betrieben. Ein neues Motorrad wurde gekauft, Einwegunterwäsche getestet, Astro­nauten­nahrung verkostet und viele Stunden mit dem Studium der großen Wandkarte zugebracht.

Seit Wochen schon liegt alles reisefertig neben meinem Bett, obwohl das nicht viel sagt, weil in meiner Einzimmerwohnung alles "gleich neben dem Bett" liegt. Oder darunter. Drei Gepäckstücke: Der Tank­ruck­sack, 5,7 kg, die rote Ortliebtasche, 11 kg, und der Zeltsack, in dem auch Kettenspray, Fotostativ und Regensachen stecken, weitere 5,7 kg. Dazu anderthalb Kilo für den Reservekanister, den Claudia vor jeder Reise hartnäckig ans Heck schnallt und gegen den ich diesmal nicht protestiert habe. 24 kg Gepäck, eine ganze Menge. Zum Ausgleich habe ich selbst ‐ extra für diese Reise ‐ acht Kilo abgenommen. Die gesamte Campingausrüstung reist dadurch für lau mit, inklusive Zelt, Schlafsack, Kocher und vier Tüten Travellunch.

Ich wuchte die Taschen in den Fahrstuhl und drücke U für die Tiefgarage. Die Honda wartet vollgetankt unter ihrer Plane. Das Motorrad ist fast neu, alles glänzt, der Kunststoff tief schwarz. Es duftet nach Neuwagen. Die Reifen sind kaum angeknuspert. Auf dem Tacho stehen km 1.090.

Ich will das Garmin in seine Halterung stecken, aber der Platz ist besetzt. Da steckt schon etwas anderes: Meine liebe Nachbarin Jutta hat mir ein original Niederegger Marzipanbrot in das RAM-Mount geklemmt. Danke schön, wie lieb von dir. Das wird bei Kälte im Zelt zum Kaffee zelebriert, das heißt, falls ich es so lange vor Pieps verstecken kann.

Ich verabschiede mich von Claudia und verspreche ihr, wirklich sehr vorsichtig zu sein und umzukehren, falls etwas zu gefährlich, oder zu schwierig erscheinen sollte. Diesmal kreuze ich dabei nicht einmal die Finger hinterm Rücken.

Langsam tuckere ich nach Norden aus Kiel hinaus. Vier Tage Kurs Nord. Damit ich den Weg nicht verliere, hat Claudia meinen alten Kompass auf den Ärmel der Endurojacke genäht. Dieses Navi funktioniert immer. Ganz ohne Batterien, ohne Google Maps und ohne GPS-Signal.

Es ist Sonntag. Wenig Verkehr. Ich kann mich völlig auf das neue Motorrad konzentrieren. Die Honda fährt sich ähnlich und doch ganz anders als die KLX. Ich throne hinter der hohen Rallyverkleidung weit weg vom Vorderrad und habe keinen Blick auf das Stück Weg unmittelbar vorm Reifen. Das ist ungewohnt. Außerdem sitze ich durch das neue Fahrwerk 93 cm über der Fahrbahn. Beim Anhalten muss ich aufpassen, wohin ich den Fuß setze. Da darf keine Kuhle sein. Der Motor fährt sich prima und fühlt sich stärker an, als seine 25 PS vermuten lassen.

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Die Felder am Straßenrand sind vertrocknet. Das Land lechzt nach Wasser. Seit April hat es nicht nennenswert geregnet und schon heute Morgen zeigt das Thermometer wieder 28° C. Schleswig-Holstein erlebt einen Jahrhundertsommer.

An der Grenze nach Dänemark finden noch immer Kontrollen statt, aber der dänische Uniformierte winkt mich durch, ohne dass ich über­haupt anhalten muss. Ich bin wohl weder verdächtig, ein Flüchtling zu sein, noch einen im Gepäck über die Grenze schleusen zu wollen.

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In Aabenraa halte ich auf einer Circle K Tankstelle. Ein sperriger Name, er spricht sich nicht gut. Dazu ein flashig buntes Logo. Das sind umfirmierte STATOIL Tanken. Meine Güte, dafür wurden nun der coole Name und das elegante Logo geopfert. Wenigstens haben sie die Grills übernommen. An jeder Station werden neben der Kasse Bratwürste gegrillt. Besonders die mit Bacon umwickelten sind der Hammer.

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Ich kaufe eine Flasche Wasser, die ich in den nächsten Wochen immer wieder nachfüllen will. Natürlich gibt es auch auf Island Wasser zu kaufen, aber dort wundert man sich schon sehr über Leute, die das tun. Erst­klassiges Trinkwasser fließt dort kostenfrei in fast jedem Bach, jedem Fluss und natürlich aus jedem Hahn. Ein paar überteuerte Flaschen Wasser werden lediglich für Touristen bereitgehalten.

Von Kiel bis zur Fähre in Hirtshals sind es 500 km. Ich zerlege die Strecke in zwei Tages­etappen. Heute geht es ungefähr in die Mitte Dänemarks bis nach Silkeborg.

Kurz vorm Ziel teste ich meine nigelnagelneue Mastercard bei SHELL am Tankautomaten. Ich reise ständig in dieser Urangst, im Ausland ohne Geld zu stranden und hab mir extra eine zweite Kreditkarte besorgt. In Island gibt es Sprit nur am Automaten und die zweite Karte gibt mir Sicherheit, falls eine verloren geht, vom Automaten gefressen, geklaut, oder schlicht nicht akzeptiert wird.

Die Karte funktioniert völlig problemlos, was keine Überraschung ist, mich aber trotzdem durchatmen lässt. Ich nehme die Benzinquittung und rechne den Verbrauch aus: 8,41 Liter geteilt durch 2,802 km ergibt genau drei Liter auf hundert. Das ist ok. Mit dem 10 l Tank habe ich eine Reichweite von mindestens 300 Kilometern. Das reicht für Island und zur Not habe ich 1,5 Liter Reserve im Kanister.

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Die letzten Kilometer zum Camp führen über Schotter durch einen Buchen­wald. Skyttehuse Camping liegt am Ufer des Silkeborg Sees. Es ist einer der schönsten Zeltplätze, auf denen ich je Zeltheringe in den Boden gehämmert habe.

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Es gibt bloß einen Nachteil: Fahrzeuge, Motorrad oder Auto, müssen draußen bleiben und parken über Nacht auf dem Waldparkplatz vorm Camp. Ich hasse das und wenn ich die Website vorher aufmerksamer gelesen hätte, wäre ich gar nicht erst hier gelandet, aber nun bin ich da und der Platz ist wunderschön.

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Sowie ich das Zelt steht, ziehe ich mich um und starte zu einer Platzrunde. Während ich in Gedanken versunken schon ganz bei Island bin, höre ich aus dem Wald den unverkennbaren Pfiff einer Dampfpfeife. Fährt hier eine alte Dampfeisenbahn durch den Wald?

Nein, es ist die Hjejlen, der älteste Raddampfer der Welt, der mit Kohle befeuert wird und heute noch in Betrieb ist. Das Camp hat sogar eine eigene Haltestelle. Fahrgäste steigen ein und aus und kurz darauf geht es unter schwarzem Rauch wieder raus auf den See.

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Als ich zurückkomme, werden nebenan gerade zwei große Zelte aufge­stellt. Eine Gruppe wohlgenährter Kerle mittleren Alters in Mottoshirts, die bunten Spiegelbrillen ins raspelkurze Haar geschoben, ein, oder zwei tätowierte Waden und zu jedem Mann ein zartes Dämchen aus Thailand, oder möglicherweise von den Philippinen. Die Männer schuften, trinken Bier und scherzen miteinander, während die Damen im Schatten sitzen und allesamt dreinblicken, wie die amtierende Europa­meisterin im miese Laune haben. Eine merkwürdige Truppe ist das, die gerade unsere Nachbarn werden.

Pieps und ich sehen eine Weile interessiert zu und staunen über das riesige Zeltlager, das direkt vor unseren Augen entsteht. Die haben allein mehr Kühlboxen dabei, als wir Socken für die ganze Reise.

Gegen Abend wird es zum ersten Mal auf dieser Reise Zeit für unser hübsches, kariertes Tischtuch. Einer der wenigen Luxusgegenstände, die mit uns reisen dürfen. Ich werfe den Gaskocher an und lege die beiden Steaks in die heiße Pfanne.

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Während wir draußen beim Abendessen sitzen, blicke ich hinunter zum See. Kanus paddeln vorbei, Kinder spielen am Ufer, eine Entenfamilie quakt, irgendwo qualmt ein Grill. Die perfekte Campingidylle. Wie wird das auf Island sein? Das Campen, das Wetter, die Pisten, die Flüsse, überhaupt alles?

Ob wir das meistern werden, Honda, Pieps und ich? In ein paar Tagen wissen wir mehr...

zum nächsten Tag...

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Diese Reise beginnt schleppend, aber vielleicht steht ihr die Anreise ja trotzdem mit uns durch, mit Pieps und mir. Dann bekommt ihr vielleicht auch ein Stück von dem Niederegger Marzipan ab...


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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.