Herbstreise nach Skagen / DK
Tag 1: Kiel - Bork Havn
Tag 2: Rundtour Ringkøbing Fjord
Tag 3: Bork Havn - Thisted
Tag 4: Thisted - Skiveren
Tag 5: Skagen
Tag 6: Skiveren - Ebeltoft
Tag 7: Ebeltoft - Kiel
Platzhalter Motorradreise Skagen
Platzhalter Motorradtour Dänemark
Platzhalter Geldautomat Dänemark Kronen abheben
Platzhalter Føtex Ribe Entrecote kaufen
Platzhalter Dänemark Købmand Kassenbon
Platzhalter Bork Havn Camping
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Dänemark

Was ist das nur mit Dänemark? Keine Berge, die Straßen topfeben und im gesamten Land verteilt kaum ein Dutzend Kurven. Und doch fahre ich immer wieder gerne hin. Wie erklärt man das? Am ehesten vielleicht so: Urlaub in Dänemark ist wie ein Besuch bei Oma. Nicht abenteuerlich und aufregend, aber dafür entspannend und schön. Dort ist es gemütlich, man fühlt sich rundherum wohl und es gibt immer etwas Leckeres zu Essen. Genau die Sorte erholsamer Langeweile, die jeder gerne mag. Ich liebe Dänemark.

Es ist Mittwochmorgen und kaum 10 Minuten hinter meiner Wohnung stehe ich auf der Alten Levensauer Hochbrücke. Vorsichtig lenke ich die Enduro auf den hohen Bordstein und sehe hinunter auf den Kanal. Ich will ein Foto von einem dieser riesigen Containerschiffe machen, die nur knapp unter der 42m hohen Brücke hindurch passen. Ich mache die Kamera scharf und stelle mich ans Geländer.

Nord-Ostsee Kanal

Der Nord-Ostsee-Kanal. Die meistbefahrene künstliche Wasserstraße für Seeschiffe weltweit. Hier herrscht ein Verkehr wie am Kamener Kreuz und das an jedem Tag des Jahres. Bloß nicht heute. Ich warte und warte, aber alles, was unter mir vorbeifährt, ist die Polarfuchs, das kleinste Schiff der GEOMAR-Flotte. Sie war einst das Beiboot des berühmten Expedi­tions­schiffs Polarstern, bis man merkte, dass ihr Aluminiumrumpf bei Eisgang völlig ungeeignet ist. Nun fährt sie im Kanal und auf der Schlei umher. Meine erste Wahl für ökologische Untersuchungen aller Art, aber nicht um ein cooles Foto zu machen.

Ich gebe den halbherzigen Versuch von Shipspotting auf und fahre weiter. Bei dem alten Wikingerdorf Haithabu überquere ich die Schlei. Auf dem anderen Ufer liegt Schleswig. Die mächtigen Türme des St.-Petri Doms beherrschen das Stadtbild.

Schleswig an der Schlei mit Dom

Es ist Mitte September und absolutes Premium Reisewetter. Auf der Landstraße herrscht nur wenig Verkehr. Die meisten Autos und Laster sind auf der parallel verlaufenden Autobahn unterwegs. In einer guten Stunde sollte ich in Dänemark sein.

Ich umgehe die Flensburger Innenstadt und düse auf dem wenig befahrenen Ochsenweg in Richtung Norden. Plötzlich taucht vor mir der Grenzübergang auf. Mit ein paar Schildern und Pylonen haben die Dänen eine provisorische Grenzkontrolle eingerichtet. POLITI steht auf einem Streifenwagen und dem daneben geparkten Mannschaftsbus.

Dänemark Grenzkontrolle

Die vorübergehenden Grenzkontrollen, die ursprünglich nur für wenige Wochen angelegt waren, dauern inzwischen schon ein Jahr und ein Ende ist nicht absehbar. Das hängt auch mit der neuen Regierung zusammen. Bis vor kurzem schien es noch unmöglich, dass die rechtspopulistische Dänische Volkspartei jemals 37 Sitze im Folketing, dem dänischen Parlament erreichen könnte.

So hat das kleine Königreich fast unbemerkt von der übrigen Welt, die mit Wichtigerem beschäftigt war, bei der letzten Parlamentswahl einen veritablen Rechtsruck gemacht. Das sympathische Land verändert sein Gesicht.

Langsam rolle ich an den Posten heran, ein sehniger Typ mit wetter­gegerbtem Gesicht und weißem Schnauzbart. In seiner militärischen Tarnfleckhose mit dem Barett verwegen schief am Kopf, wirkt er wie ein alter Kämpfer aus dem Algerienkrieg. Erfahren und sicher keiner der zu übereilten Aktionen neigt. Ein Mann, dem man bedenkenlos die Grenze anvertrauen kann, ohne dass man Zwischenfälle befürchten müsste, die Morgen in jeder Zeitung stehen.

Mit ausdrucks­loser Miene winkt er mich durch, ohne dass ich anhalten muss. Ich nicke ihm freundlich zu, schalte wieder hoch und fahre weiter nach Padborg. An einem Geldautomaten der Sydbank ziehe ich 900 Kronen aus der Wand, etwa 120 EUR.

Dänemark Landstraße Silberpappeln

Mit den erlaubten 80 km/h durchquere ich Dänemark von der Ostsee an die Nordsee. Das gemütliche Tempo stört mich nicht im Geringsten. Hektischer Straßenverkehr, wie man ihn aus Deutschland kennt, ist hier nicht existent und so hänge ich meinen Gedanken nach und betrachte die Landschaft, während die Kawa im 6. Gang dahin rollt.

Motorrad Pause am Wegrand

Die Felder sind längst abgeerntet, nur der Mais steht noch auf den Flächen. Die leuchtend hellen Silberpappeln werden vom kräftigen Rot der Ebereschen abgelöst. Ich mache eine Pause und setze das Motorrad rückwärts in einen Knick.

Zwischen den roten Beeren hindurch erstrahlt die weiß getünchte Kirche von Højrup. Dieses Land ist von einer eigenen, schlichten Schönheit, die mich jedes Mal aufs Neue berührt.

Højrup Kirke Danmark

Inzwischen nähere ich mich Ribe, der ältesten Stadt Dänemarks. Ganz sicher ein Ort von historischer Bedeutung über den es viel zu erzählen gibt, aber mich interessieren heute nur drei Dinge: Die Tankstelle, der Føtex Markt mit seiner erlesenen Fleischabteilung und der Skovgrillen. Dieser moderne Grillimbiss, der direkt an der Durchgangsstraße nach Norden liegt, ist ein Tempel dänischen Fastfoods, ein Mekka für jeden, der Hotdogs mit roten Pølsern mag, dänische Remoulade und Pommes Frites, Ribbe Sandwiches und alles, was man durch das heiße Fett einer Friteuse ziehen kann.

Ribe Skovgrillen

Der Laden hat eine super miese 2,6 Sterne Bewertung auf Google, aber in diesem Fall muss man die umgekehrt lesen, denn alles was die Amateure kritisieren, ist Pieps und mir ein Qualitätsmerkmal. "Wenn man gerne alles fetttriefend aus der Fritteuse mag...", schreibt ein ahnungsloser Thomas.

Eine dänische Spezialität, von der auf dieser Reise noch häufiger die Rede sein wird, ist das Ribbe Sandwich. Ein Hamburger mit einer Scheibe frittiertem Bauchfleisch auf einer Lage Rotkohl. Darauf Gurken, Remoulade, Zwiebeln und Kräuter. Ernährungs­physiologen sind sich noch uneins über den Wert des Ribbe Sandwichs. Die Einen halten es für schädlich, die Anderen schlicht für tödlich, aber Pieps und ich lieben es.

Ich stelle die Kawasaki vor dem Grill ab, wie ein Cowgirl ihr Pferd vorm Salon und stiefele hinein. Die Speisekarte über dem Tresen interessiert nicht. Ich weiß genau, was ich will: "Ein Ribbe Sandwich, bitte."

"Ein groose, oder ein kleine?", fragt das Mädchen hinterm Tresen in ihrem niedlichen dänischen Akzent.

"Wirklich, Baby?", denke ich kopfschüttlend, aber laut sage ich "stor", groß. Sie nimmt eine Scheibe Bauchfleisch und lässt sie unter Zischen und Spritzen in das kochende Fett der Friteuse gleiten. Die wahre Kunst besteht darin, das Fleisch so lange zu frittieren bis es knusprig ist, es aber herauszunehmen, bevor es zum Keks wird.

Während die Friteuse im Hintergrund brodelt, toastet sie ein Brötchen, schneidet es auf und legt eine Lage Rotkohl hinein. Darauf kommt der Schweinebauch, Gurken, Zwiebeln und Remoulade. Obendrauf als Deckel das Oberteil des gerösteten Sesambrötchens.

Ribbe Sandwich

Wir setzen uns mit unserer Beute nach draußen unter einen Sonnenschirm. Einen Moment lang halten Pieps und ich inne und betrachten andächtig das kleine Kunstwerk, bevor wir uns mit Heißhunger darüber hermachen. Die Mischung aus Ribbe, Rotkohl, Brot und Remoulade schmeckt unvergleichlich lecker. Kurz darauf erinnert bloß noch ein fettiger Teller und Pieps mit Mayonnaise verschmierter Mund an das köstlichste aller Sandwiches.

Bevor wir Ribe verlassen, kaufe ich bei Føtex zwei Entrecotes. Noch vor Jahren habe ich oft verständnislose Blicke geerntet, wenn ich danach gefragt habe, aber inzwischen bekommt man es in jedem Supermarkt, mein leckerstes aller Steaks.

Es ist ein warmer Spätsommertag und der Motor der Kawasaki schnurrt im 6. Gang mit 5.000 Touren spielerisch leicht vor sich hin. Das Cruisen auf der Landstraße bei 80 km/h hat beinahe etwas Meditatives.

In Varde überquere ich das gleichnamige Flüsschen und sehe mir den hübsch renovierten Havnepladsen an. Man hat den Platz am Fluss mit Kopfsteinpflaster, altmodischen Bänken und Laternen in den Zustand einer alten Stadt versetzt. Das sieht sehr hübsch aus.

Varde Havnepladsen

Ich mache ein Foto bevor ich mich wieder aufs Motorrad setze und langsam aus Varde hinausfahre. Auf dem Landevej 11, der Landstraße 11, die von Süd nach Nord durch Dänemark führt, fahre ich weiter. Mein Ziel für heute ist Bork Havn am Ringkøbing Fjord.

Nördlich von Esbjerg wird der Straßenverkehr ‐ soweit das überhaupt möglich ist ‐ noch spärlicher. Stoppelfelder und Strohballen beherrschen die Landschaft, große Traktoren sind emsig unterwegs. Dänisch Masuren. Ich fühle mich an eine meiner schönsten Reisen erinnert.

Traktor Stroh Bork Havn

Der Kirkehøjvej in Bork Havn führt schnurgerade auf das Hafenbecken zu. Beim Supermarkt 'Min Købmand', mein Kaufmann, geht es nach links auf den Campingplatz. Ich stelle das Motorrad vor der Schranke ab und gehe in die Rezeption.

Bork Havn Camping

Bork Havn Camping gehört zu den hervorragenden Campingplätzen Jütlands, aber ich habe ihn nicht wegen seiner Premium Facilities ausgesucht, sondern weil er so dicht an dem kleinen, gemütlichen Hafen liegt, wo es immer was zu sehen und zu fotografieren gibt.

Ich buche einen Platz für zwei Tage und darf mir aussuchen, wo ich mein Lager aufschlagen möchte. Langsam rolle ich über den Platz und suche mir ein Stück Rasen neben einem Picknicktisch im Halbschatten unter Bäumen.

Sowie das Zelt aufgestellt, die Isomatte entrollt und der Daunenschlafsack aufgeplustert ist, gehe ich hinunter zum Havne Kiosken, um Körscheis für Pieps und eiskalten Bölkstoff für mich zu besorgen.

Havne Kiosken Bork Havn

Bork Havn ist ein gemütliches Fischerdorf aus vergangener Zeit, auch wenn der Ort mit der modernen Surfschule und den vielen Eisbuden inzwischen sehr touristisch ist und die Fischer eher die malerische Kulisse dahinter sind.

Mit der Kamera in der Hand wandere ich um das kleine Hafenbecken herum und fotografiere im warmen Licht der Abendsonne Fischkutter und andere Dinge, die ich hübsch finde.

Fischerboote

Fischerboote

Kescher

Es wird Abend, die Sonne ist bereits hinter den Bäumen verschwunden, als ich für Pieps und mich den Tisch decke. Sie geben mir Sicherheit und ein Gefühl von Geborgenheit, diese immer gleichen Abläufe: Das Fahren auf der so vertrauten KLX, das Zelt, mein immer gleicher Kissenbezug mit dem Mond und den Sternen darauf und sogar das Braten in der alten, verbeulten Titanpfanne.

Picknick am Zelt

Statistisch gesehen verbringe ich fast jeden zehnten Tag des Jahres auf diese Weise und die Faszination dafür hat bis heute nicht nachgelassen.

Möge es noch eine Weile so bleiben, denke ich, als ich vom Abwaschen zurückkomme und mich vorsichtig ins Zelt schleiche, wo Pieps längst in den Kissen liegt und selig schlummert. Gute Nacht, Welt...

zum nächsten Tag...

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Der erste Reisetag in Dänemark bei herrlichem Spätsommerwetter. Morgen legen wir einen Jokertag ein. ich habe nichts vor, außer einer kleinen Tagestour, viel Bier trinken, essen und schlafen. Die Seele braucht das.


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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.