Heimreise und Fazit
Mitten in der Nacht ein heiserer Schrei. Ich liege wach und lausche. Ein Waldkauz stimmt fachmännisch in das schaurige Konzert ein. Im Unterholz nebenan balzen, streiten, oder unterhalten sich zwei Kreaturen und im Vorzelt raschelt eine Maus. Nein, nicht Pieps, die schlummert selig sabbernd neben mir auf dem Kissen und bekommt von alldem nichts mit. Der Wald hat viele Geräusche. So vertraut, so sicher. Keine Menschen. Ich mag das.
Das Zelt bleibt in der Morgensonne stehen, während Pieps und ich zum Frühstücken in die Bar gehen. Massimo, der Wirt, steht mit roten Augen hinterm Tresen. Er sieht total verpennt aus und ist ein bisschen knurrig. Ich sehe auf die Uhr. Kurz vor neun. Keine sehr italienische Tageszeit, eher eine deutsche. Ich bestelle Kaffee und betrachte die Snacks, die in Plastik verschweißt hinter Glas liegen. Fertige Panini aus der Fabrik. Ohne Begeisterung zeige ich mit dem Finger auf das am wenigsten künstlich aussehende und lasse es mir heiß machen.
Sie ist kaum zu beruhigen und ich muss versprechen, später in Verona dafür Eis auszugeben: "Ja, auch mit Sahne. Was? Nein, keine dreifache Portion."
Bis nach Verona sind es bloß vierzig Kilometer. Dort legt heute Abend der Autozug nach Hamburg ab. Ganz allmählich führt die Straße aus den Bergen hinunter in die Ebene. Die Strecke ist schön zu fahren, nur die letzten Kilometer geht es durch den typischen Verkehr einer großen Stadt.
"Wink doch mal!"
"Ich wink doch."
"Nein, tust du nicht. Du stehst da nur im Bild. Nun wink doch mal."
"Ich wink doch schon die ganze Zeit wie blöde."
"Na endlich. So ist schön. Jetzt winkst du."
"Tu ich gar nicht! Ich bin längst wieder weg, weil mich das genervt hat mit der Winkerei.
Die Leute gucken schon."
"Bist du gar nicht. Du stehst da und winkst. Ich seh dich doch genau."
Zum Mittag setze ich mich vor eines dieser winzigen Lokale, die aus nicht mehr bestehen, als ein paar Tischen auf dem Gehsteig, einer abgegriffenen Speisekarte und der Tür zu einer winzigen Küche. Hier bin ich sogar in Motorradsachen nicht underdressed. Ganz anders, als neulich in dem Nobelschuppen auf einem Campingplatz in Estland, wo ich sogar in Rock und Ballerinas total abgestunken bin.
Ich sitze vorm Lokal und studiere die Speisekarte, während neben mir auf der Via Valerio der Verkehr vierspurig vorbeihupt und Horden asiatischer Touristen sich um mich herum teilen wie Wasser. Ein Ort der Ruhe ist Verona nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet.
Der Wirt, ein drahtiger, kleiner Kerl, kommt an den Tisch, um die Bestellung aufzunehmen. Als er Pieps entdeckt, ist er ganz hingerissen und streicht ihr übers Köpfchen: "Bella Cara", nennt er die kleine Maus, die das sichtlich genießt, obwohl sie Backenkneifer sonst nicht leiden kann.
Ich sehe auf die Uhr: Zeit, um allmählich zum Bahnhof zu fahren. Der Autozug wartet nicht. Kurz nach mir treffen auch Thomas und seine Gang an der Autoverladung ein. Ich freu mich, als ich die bekannten Gesichter wiedersehe. Nach zwei Wochen in Italien haben wir ganz unterschiedliche Erlebnisse zu berichten.
Fazit
Das war Pieps und meine erste Reise nach Italien. Etwa 2.200 km rund um die oberitalienischen Seen und über ein paar erstklassige Schotterstrecken durch die Berge. Die Landschaft ist von einer rauhen Schönheit und das Wetter im Herbst war erstklassig.
Die Menschen in Italien verblüffen mich stets aufs Neue durch ihre grandiose Herzlichkeit. Nirgendwo sonst zum Beispiel wurde auch Pieps, aka Bella Cara, so sehr bemerkt und süß gefunden. Die Italiener haben mein Herz erobert. Nur wenn sie am Steuer, Lenkrad, Ruder oder Zügel eines Fahrzeugs sitzen, dann setzt etwas aus, aber sowie das autonome Fahren in Italien verpflichtend eingeführt wird, werden sie meine besten Freunde sein.Trotzdem hat mich Italien im ersten Anlauf noch nicht vollends begeistert. Dazu ist die Gegend um den Gardasee zu overcrowded. Da würde ich nicht wieder hinfahren, zu viele Menschen, zu viele Autos, zu viel Verkehr.
Trotzdem möchte ich einmal wieder nach Italien fahren. Schließlich sind es bloß 96 km von Kiel. So nah ist es nämlich bis nach Hamburg Altona, wo der Autoreisezug nach Verona startet. Beim nächsten Mal möchte ich eine Gegend besuchen, die heißt Die Abruzzen. Ich weiß bisher nur, dass es dort sehr schön sein soll und bei weitem nicht so überlaufen. Kennt die jemand von euch, diese Abruzzen, und kann das bestätigen? Oder hat sogar einen Tipp für mich? Ich freu mich über jede Anregung.
Danke fürs Mitlesen und für die vielen fleißigen Kommentare. Nun starten Pieps und ich bald nach Island und sind erst einmal einen Monat lang aus der Welt.
Bis bald, ihr Lieben...
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