Inhaltsverzeichnis
Frankreich 2023
Tag 1 Kiel - Bad Pyrmont
Tag 2 Bad Pyrmont - Dausenau
Tag 3 Dausenau - Wingen-s/Moder
Tag 4 Wingen - Camp Hautoreille
Tag 5 Jokertag im Camp Hautoreille
Tag 6 Parc Morvan, Camp Le Paroy
Tage 7/8 Jokertage im Camp
Tag 9 In die Auvergne
Tage 10/11 Auvergne-Tarnschlucht
Tag 12 Zur Quelle des Tarn
Tag 13 Gorges du Tarn bis Ambialet
Tag 14 Tarn bis Moissac
Tag 15 Moissac - Périgord
Tag 16 Jumilhac-le-Grand
Tag 17 Am Canal de Berry
Tag 18 Nevers - Accolay
Tag 19 Tonnerre - Froncles
Tag 20-23 Heimreise
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Im Parc Morvan

Welch ein schöner Morgen das ist, als wir die ersten Kilometer nach dem Frühstück gemeinsam Richtung Langres rollen. Kurz darauf trennen sich unsere Wege: „Tschüss, Geli, tschüss, Didi“, brülle ich aus voller Lunge in meinen Helm, auch wenn die beiden mich gar nicht hören können: „Gute Fahrt euch!“

Motorradtour nach Frankreich

Heute reisen Pieps und ich in den Parc Morvan, einen der größten und dazu besonders menschenleeren Naturparks in Frankreich. Die Route habe ich mit kurviger.de geplant und soweit es ging auf kleinste und allerkleinste Departement-Straßen gelegt.

Motorradtour nach Frankreich

Ich tuckere langsam durch die Gegend und bleibe oft unter den erlaubten 80 km/h. Das Motorradfahren wird fast zur Nebensache, ich möchte die Landschaft genießen und habe es nicht eilig. Immer wieder lege ich kurze Fotostopps ein, so wie an der Stadtmauer von Salives und nehme mir Zeit für jedes einzelne Foto.

Auf dieser Reise fotografiere ich wieder „one lens only". Ich habe mich für eine 50 mm Festbrennweite entschieden. Die anderen Objektive habe ich zuhause gelassen und ein Zoomobjektiv besitze ich gar nicht. Mir macht es Freude, jede Aufnahme mit nur einer Brennweite „hinzutanzen", bis die Perspektive und der Ausschnitt stimmen.

Motorradtour nach Frankreich

Erst vor wenigen Monaten bin ich dieselbe Strecke mit Greeny gefahren, doch davon gibt es keinen Reisebericht, aber Videos auf YouTube. Das Filmen hat auch Spaß gemacht, aber Fotografieren und Schreiben machen mir letztlich doch mehr Freude. Das ständige Filmen-müssen stört die gesamte Reise.

Plötzlich entdecke ich etwas, das mir bekannt vorkommt. Dort vorne, die Gruppe alter Eichen mit der Picknickbank? Aber ja, da haben wir schon einmal gesessen, Pieps und ich. Ich ziehe die Kupplung und lasse die Honda unter den Eichen ausrollen. Ein perfekter Platz für ein Picknick.
Mal sehen, was wir noch im Tankrucksack haben.

Die Inventur ergibt ein halbes Baguette und ein Töpfchen Meersalzbutter. Die liegt schon seit Deutschland im Tankrucksack und allmählich ist sie reif, auch wenn Butter - ähnlich wie Hackfleisch - im Grunde ja nicht schlecht werden kann.

Motorradtour nach Frankreich

Die Kultur des Picknicks hab ich von den Franzosen abgeschaut, sie ist Teil französischer Lebensart. Um die Mittagszeit braucht man ein wenig Glück, um noch einen freien Picknickplatz zu finden. An allen Tischen sitzen schon Leute, aber nicht mit der Klappstulle in der Hand, sondern komplett mit Tischdecke, Tellern und Geschirr.

Seitdem habe ich in Frankreich stets die karierte Tischdecke, einen Teller und etwas Leckeres im Tankrucksack. So ein Picknick auf Reisen finde ich unglaublich romantisch. Pieps nicht, die isst nur gerne.

Das werde ich mir auch für andere Reiseländer bewahren. Nur das Wetter muss stimmen. Auf der Hardangervidda im Regen käme man nicht auf die Idee anzuhalten, selbst wenn es dort Picknickplätze gäbe.

Motorradtour nach Frankreich

Das Besondere am Parc Morvan ist seine Verlassenheit. Mit 25 Menschen pro km², ist er sogar dünner besiedelt als Lettland. Es gibt zwar viele kleine Dörfer, aber keine einzige große Stadt. Man muss sich vorher überlegen, wo man einkaufen will, sonst sitzt man auf dem Trockenen. Für Tankstellen gilt dasselbe, aber der 10l Riesentank der Honda ist gut für über 300 km.

Motorradtour nach Frankreich

Ich weiß nicht, ob man es sich anhand des Fotos vorstellen kann, aber das ist eine typische Straße im Parc Morvan. Da kommt nie einer von vorn, und wenn doch, dann ist es ein alter Renault, der noch langsamer unterwegs ist als ich. Hier bin ich auf der 250er regelmäßig total übermotorisiert. Wer einen Roller fährt, oder mit der 125er verreist, für den ist der Morvan die richtige Gegend.

Motorradtour nach Frankreich

In Sombernon fahre ich auf einen Super-U zum Tanken. Bei dieser Hitze tut es gut, für eine Weile den Helm abzunehmen und die vertrauten Dämpfe zu atmen, den Duft aus Jugendtagen, von Moto Cross, Enduro und frisierten Mofas im Stadtpark.

„Wenn wir hier schon anhalten, dann können wir auch gleich einkaufen. Was meinst du Pieps?“
„Ok. Nur, ich schieb den Wagen. Und ich will Eis und Onktrikot.“
„Lass uns erstmal reingehen, dann sehen wir weiter.“

Es ist schon der dritte Fleischtresen, an dem ich kein Entrecôte entdecken kann. Suchend stehe ich vorm Tresen und starre durch die Scheibe. „Pardon Madame, le entrecôte …?“, frage ich mit suchendem Blick. Sie muss auch erst einmal schauen bis wir gleichzeitig den unglaublichen Fleischstrang entdecken, eher ein Rinderviertel als ein Steak.

Mit dem Schlachtermesser säbelt sie eine gewaltige Scheibe herunter. Erst bei 680 g stoppt die Anzeige der Waage. Allein das Fettauge dürfte etwa 100 g haben. Pieps nickt anerkennend, aber ich ahne, dass dieser Lappen niemals in unsere Pfanne passen wird.

Am Nachmittag zur besten Kaffeezeit erreichen wir Camping Le Paroy. Es ist glühend heiß. Langsam fahre ich den steilen Schotterweg hoch zu der Hütte, in der Rezeption, Küche, Restaurant und Bar untergebracht sind. Wir sind zum dritten Mal hier, Pieps und ich.

„I recognize you from last year“, begrüßt mich Gerards Tochter, dem das Camp gehört.
„Me too. You sold me all that Leffe Blondes last summer“

Motorradtour nach Frankreich

Camp Le Paroy ist ein kleiner Platz mit kaum 40 Plätzen am Rand des Morvan. Ein perfekter Ort, wenn man es ruhig mag. „Der Campingplatz ist nicht geeignet für Familien mit Kindern im Alter von 3 bis 15 Jahren. Keine Animationen und/oder Abspielgeräte. Camping für Erwachsene“, heißt es auf der Website.

Mit der Ruhe dürfte es mit dem Eintreffen von Mademoiselle Pieps ja nun vorbei sein. Dafür ist die kleine Maus ein gern gesehener Gast vorne am Kiosk bei Gerard und seinen Töchtern. Auf Mamas Deckel, natürlich.

„Ich geh Pommes holen. Kann ich Voaschuss auf mein Taschengeld?“
„Mäuschen, du hast bereits Vorschuss aufs Taschengeld bis zur Rente.“
„Kann ich denn Orlaubsgeld?“
„Na gut. Hier hast du zehn Euro, aber teil dir das ein bisschen ein.“
Aus dem Elternzyklus: „Sätze, die man sich sparen kann."

Es ist Freitag vor dem langen Pfingstwochenende. Zum Glück haben wir reserviert, denn das Camp ist komplett ausgebucht. Zuerst denke ich, man hat uns an den Katzentisch gesetzt, bis ich kapiere, dass wir sogar den absoluten Premiumplatz bekommen haben. Direkt am Waldrand im Schatten alter Bäume, ein Stück außerhalb des Camps.

Motorradtour nach Frankreich

Innerhalb des Zauns ist das Camp brechend voll, aber hier draußen im Wald stehen wir allein mitten in der Natur. Autos und Wohnmobile können hier nicht her, aber mit der Enduro parke ich direkt am Zelt. Welch ein klasse Zeltplatz, wie Wildcampen mit Anschluss an Klo und Kiosk. Ein Trampelpfad führt durchs Unterholz an die Rückseite des Waschhauses.
Ich merke mir Platz Nr. 34, hier kommen wir wieder her.

Das Entrecôte ist tatsächlich etwas zu groß für die Pfanne, aber das macht nichts. Hauptsache, das ist kein alter Brontosaurus, der an Altersschwäche verschieden ist.

Motorradtour nach Frankreich

Das Steak ist erstklassig, zart, saftig und sehr fett. Ein Charolais Ochse, eines dieser weißen 1000 Kilo Fleischrinder, die so typisch sind für Frankreich.

Camp Le Paroy ist das neueste in der Liste meiner Lieblingscamps. Hier werden wir die Pfingstage verbringen und es uns gutgehen lassen.

Gegen Abend wird es still im Camp. Hier draußen hinterm Zaun sind nur die Geräusche des Waldes zu hören. Die Frösche im Teich quaken wie blöde und hinter uns im Unterholz ruft irgendwo ein Kuckuck.

Besser kann man zum Schlafen nicht liegen: „Gute Nacht, Welt. Bis morgen.“





Und so sah dieser Tag im vergangenen Herbst aus, als wir mit Greeny vom Camp Hautoreille nach Le Paroy gefahren sind:

zum nächsten Tag...

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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.