Inhaltsverzeichnis
Anreise
Tag 1: Kiel - Esbjerg
Tag 2: Harwich - Adderbury
Tag 3: Adderbury - Pencelli
Irland
Tag 4: Pencelli - Rosslare
Tag 5: Rosslare - Clonmel
Tag 6: Clonmel -Skibbereen
Tag 7: Beara Peninsula
Tag 8: Ring of Kerry - Dingle
Tag 9: Dingle Peninsula
Tag 10: Cliffs of Moher
Tag 11: Galway und Achill Island
Nordirland
Tag 12: Achill - Lough Erne
Tag 13: Giant's Causeway
Tag 14: Mountains of Mourne
Irland
Tag 15: Wicklow Mountains
Tag 16: Rathdrum
Tag 17: Die Wicklows - Rosslare
Wales
Tag 18: Pembroke - Cardigan
Tag 19: Cardigan - Disserth
Tag 20: Disserth - Porthmadog
Tag 21: Porthmadog
Tag 22: Porthmadog
Tag 23: Snowdonia Rundtour
Tag 24: Brecon Beacons
England
Tag 25: Pencelli - Cotswolds
Tag 26: The Cotswolds
Tag 27: Highfield Farm
Heimreise
Tag 28: Harwich International Port
Tag 29: Esbjerg - Kiel
Fazit der Reise Platzhalter Route Irland 2012
Platzhalter Route Irland 2012
Platzhalter Coffee Jambon
Platzhalter Ardee Fuel Station Receipt
Platzhalter Tesco Irland
Platzhalter Hollywood Wicklow Tankstelle
Platzhalter
Info: Hidden Valley Holiday Park
Ein Familien Freizeitpark mit vielen Angeboten für Kinder. Der Platz befindet sich auf beiden Seiten eines reißenden Flusses, der von einer Fuß­gänger­brücke überspannt wird.

Auf der einen Seite des Flusses parzellierte Plätze und auf der anderen Seite die Zeltwiese, auf der man auch Lagerfeuer machen darf. Dorthin dürfen aber keine Fahrzeuge mitgenommen werden.

Die Waschhäuser sind hoch­modern, sauber und sehr gepflegt. Die Duschen funktionieren mit Münz­einwurf.

Preis 2012: Mit Zelt und Motorrad habe ich 18 € bezahlt.
Duschen kostet 1 € für 6 Minuten.

Würde ich dort noch einmal zelten?
Ja gerne, aber nur außerhalb der Haupt­saison, wenn der Platz nicht ausge­bucht und mit Familien und Kindern über­füllt ist. Trotz der hohen Gebüh­ren ein schöner Platz. Man kann zu Fuß nach Rathdrum hineinlaufen, wo es Restaurants, Pubs und Super­märkte gibt.

Tipp: Hidden Valley betreibt während der Saison ein kleines Café. Man sitzt draußen unter Sonnen­schir­men direkt am Flussufer. Es gibt Früh­stück und einfache Snacks, z.B. Pommes, Bratwurst, Fish & Chips.

Der Campingplatz ist auf die Unter­bringung von Pferden eingestellt. Touristen mit Pferd und Wagen übernachten hier regelmäßig. Für die Tiere gibt es eine Weide mit Tränke und Futter, die Kutschen stehen wie Wohn­wagen auf den Parzellen.



Svenja und Pieps gehen ins Pub

Zelt und MotorradHeute werde ich Nord­irland verlassen und ins normale Irland zurück­fahren. Mein nächstes Ziel liegt süd­lich von Dublin in den Wicklow Mountains, wo eine alte Militär­straße durch die Berge führt, die ich unbe­dingt fahren möchte.

Noch ist es trocken und ich hoffe, dass meine dicke Büffellederhose im Fahrt­wind endlich mal wieder richtig trocken wird.

Die Mountains of Mourne liegen unter dunklen Wolken und mit 11° C ist es für Juni eher kühl.

Sieben Meilen folge ich dem Ufer des River Clanrye bis sich in Newry endlich eine Gelegenheit bietet, den Fluss zu überqueren. Es ist gleich 10 Uhr und damit Zeit für die erste Früh­stücks­pause. Wie wäre es mit Kaffee und Jambons?

Motorradtour Irland

In Newry halte ich auf einer Tankstelle an der N29. Im Laden brummt es heute morgen schon mächtig. Eine Traube von Menschen steht vor der heißen Theke und wartet geduldig auf ihre Bestellung.

Hinter dem Tresen arbeiten sich zwei stattliche Frauen routiniert zu. Sie nehmen Bestell­ungen entgegen, holen Bacon und Sausages aus der heißen Theke, reichen sich Brote zu und bedienen nebenher den großen Ofen, in dem bereits neue Rolls und Jambons gebacken werden.

Ihre Gesichter sind vor Hitze und Anstrengung knallrot, aber sie bewältigen den morgend­lichen Ansturm, ohne im mindesten ihre gute Laune zu verlieren. Ich sehe gerne Menschen zu, die ihren Job richtig gut machen und dabei ist es egal, ob das Handwerker, Atomphysiker, oder eben die Jambongirls von der Tankstelle sind.

Ich bestelle einen Jambon und einen großen Becher Kaffee, der dampfend aus einem italie­nischen Kaffeeautomaten rüsselt. Mein Stammplatz am Kohlenkasten ist noch frei und so frühstücke ich draußen, während auf der N29 der Morgenverkehr an mir vorbeirauscht.

Am Boden meines Kaffees mache ich mich schleunigst auf den Weg nach Süden. Dunkle Wolken ziehen sich bedrohlich zusammen und ich möchte hier weg sein bevor der Regen anfängt. Kurz hinter Newry überquere ich die Grenze und bin zurück in der Republik Irland.

Gegen Mittag erreiche ich Ardee, eine Kleinstadt an der irischen Ostküste. Es ist Samstag und es wimmelt von Menschen, während sich auf der High Street die übliche Blechlawine staut.

Caffreys Home Bakery Ardee

'Caffreys Home Bakery and Coffee Shop' steht an der Fensterscheibe einer Bäckerei. Ich gehe hinein, bestelle Kaffee und suche mir am Kuchentresen das kleinste Gebäck­stück aus, einen fetten Doppelkeks mit Sahne und einer Kirsche obendrauf.

"That's three fifty, please"
"Excuse, me, which currency, please?", frage ich nach, weil ich gerade keine Ahnung habe, wo ich bin, in Irland oder in Nordirland.
"That happens quite often", lacht die Bäckersfrau mich an, "It's Euro."
Wir müssen beide schmunzeln und eilig bezahle ich meine Bestellung, denn inzwischen hat sich hinter mir schon eine kleine Schlange gebildet.

Mit meinem Kaffee und dem Teller in Händen gehe ich nach hinten durch ins Café und gleite in die letzte freie Bank. Während ich meine Endurojacke ausziehe, mampft Pieps sich bereits fröhlich durch die Sahnefüllung, obwohl sie angeblich nur an der 'Körsche' interessiert war.

Pieps und Svenja in Irland

Am Tisch neben mir sitzen vier Frauen und tauschen angeregt den neuesten Klatsch aus.
"Did ya hear 'bout Doreen and Sean?", wirft eine dürre Frau im Tweedkostüm in die Runde.
"Na, what happened?", fragen die anderen Girls im Chor.
" She dumped him!", lässt das Tweedkostüm die Kupplung kommen.
"Oh, really?!", "How could she?!", "Such a nice man.", bricht ein Sturm der Entrüstung los.
"She's a bitch.", stellt das Tweedkostüm fest und scheint ganz hingerissen zu sein vom Gebrauch eines so bösen Wortes.

Den Rest der Unterhaltung bekomme ich leider nicht mehr mit, weil man auf die interessierte Zuhörerin am Nebentisch aufmerksam geworden ist. Ich ernte einige missbilligende Blicke und von da an wird das Gespräch mit gedämpfter Stimme geführt. Schade, ich hätte so gerne mehr über Doreen erfahren. Whether she's a bitch or slut (A slut sleeps with everyone. A bitch sleeps with everyone but you.)

Bevor ich Ardee verlasse, tanke ich das Motorrad noch einmal voll. An der Kasse fällt mein Blick beim Bezahlen auf die Schlagzeile des Daily Express:

'WORST STORMS FOR A DECADE - Monsoon rain and floods on way'

Während der Tankwart das Wechselgeld zählt, überfliege ich eilig die Titelseite. Es sei bisher schon der nasseste Juni seit Jahrzehnten gewesen, aber nun soll das Wetter noch einmal eine Schippe drauflegen.

Regen in Irland Juni 2012

'If you can make it there, you can make it anywhere', fällt mir eine Zeile aus einem Lied ein und ich weiß, dass es richtig war, weiterhin zu zelten, denn dadurch habe ich gelernt, auch bei Starkregen mein Lager aufzuschlagen und trocken zu schlafen. In Zukunft brauche ich kein Zimmer mehr zu nehmen und bin auf meinen Reisen viel unabhängiger.

Autobahn bei Dublin

Am Nachmittag fahre ich durch Naas, eine Kleinstadt von 20.000 Einwohnern und Hauptstadt des County Kildare. Dabei beschleicht mich das unangenehme Gefühl, durch Gangland zu fahren. Gruppen von Kids hängen auf der Straße herum und setzen sich auf alles, wo ein Arsch draufpasst, außer auf die Bänke natürlich.

Die Jungs tragen Sportklamotten, zu weit, schlabberig, oversized, viel Adidas, auffällige Turnschuhe, während die Mädchen mit Erfolg die Ghettobitches geben. Wo bin ich denn hier gelandet? Langsam fahre ich weiter und sehe mich um, ohne zuviel Aufmerksamkeit zu erregen, aber anhalten möchte ich lieber nicht.

Direkt hinter Naas geht es auf die Wicklow Mountains zu und es wird allmählich einsamer. An einer Wegkreuzung halte ich an, um einen Blick auf die Karte zu werfen. Mein einziges Navi­gationssystem ist ein Kompass, den Claudia mir auf den Ärmel meiner Endurojacke genäht hat. Ich suche nach einen kleinen Ort mit dem klangvollen Namen Hollywood.

Motorradtour Irland

Von hinten kommt ein Motorrad angefahren und hält neben mir. Eine alte Kawasaki GPZ1100, ein Kultbike der 90er Jahre mit einer mächtigen, rauh laufenden Maschine. Darauf ein schlan­ker, sehniger Typ in meinem Alter in einer abgewetzten, coolen Lederjacke. Er beugt sich zu mir herüber und ruft über den heiseren Sound des Vierzylinders hinweg: "You're lost?"

Ich bin perplex: Wenn ich nicht wüsste, dass Jon Bon Jovie nicht in Irland wohnt, dann würde ich Mr. Cool auf der GPZ sofort um ein Autogramm bitten. Welch eine Ähnlichkeit!

Hollywood Wicklow Gap "Yes, I'm on my way to Hollywood and cannot find it", rufe ich zurück und kann selbst nicht glauben, dass ich das gerade gesagt habe, aber so heißt der Ort nun einmal und er markiert den Einstieg in die Wicklow Mountains.

"So, you wanna ride the Wicklow Gap? Just follow me, I'll show you."

Wir biegen rechts ab auf die Hauptstraße und ich muss die KLX voll aufdrehen, um Jon nicht zu verlieren. Nach einem Kilometer zeigt er links auf die Straße nach Hollywood, winkt mir kurz zu und verschwindet mit aufbrüllender Maschine in Richtung Horizont.

"Danke, Jon. Und ich mochte deine letzte Platte!", gröhle ich noch hinterher, aber das kann er wohl nicht mehr hören. Bon Jovi wohnt doch nicht in Irland, oder...?!

Hollywood ist eine Tankstelle im Nirgendwo mit hundert Einwohnern. Nachdem ich ein letztes Mal für heute getankt habe, schraube ich mich auf der R756 in die Wicklow Mountains hinein. Die 26 km durchs Wicklow Gap sind mit dem Motorrad wunderbar zu fahren.

Wicklow Gap

Mitten in den Wicklows halte ich auf einem Parkplatz neben einem großen, modernen Reise­bus. Der Aussichtspunkt wimmelt von Asiaten und sowie ich den Helm abnehme, fangen sie wie blöde an, mich zu knipsen. Der Größte der Pappchinesen geht mir knapp bis zur Brust.

Zwei von ihnen wollen sich unbedingt mit mir fotografieren lassen und ich erfahre, dass sie zu einer Reisegruppe aus der Volksrepublik China gehören. Ein Mann erklärt seiner Frau, dass ich allein mit dem Motorrad unterwegs sei. "This lady is brave", fügt er abschließend hinzu.

Ich mochte Chinesen schon immer. Es sind nette Menschen, die weithin bekannt sind für ihr hervorragendes Urteilsvermögen.

Rathdrum Wicklow Mountains Irland

Am späten Nachmittag erreiche ich den Campingplatz in Rathdrum. Der Hidden Valley Park entpuppt sich als moderner Freizeitpark in einer Schleife des Avonmore River. Auf der einen Seite des Flusses eine große Zeltwiese und auf dem anderen Ufer parzellierte Plätze, die Waschhäuser und ein Tretbootverleih.

Der Parkranger ist total nett und schenkt mir eine erstklassige Übersichtskarte der Wicklow Mountains. Ich möchte nicht auf die Zeltwiese, weil ich das Motorrad nicht mitnehmen dürfte, sondern buche eine Parzelle direkt am See. Von dort aus könnte ich einen Kirschkern ins Wasser spucken, aber ich esse kein Obst und deshalb wird daraus nichts.

Hidden Valley Holliday Park Rathdrum Irland

Inzwischen scheint die Sonne und sowie mein Zelt steht, gehe ich duschen und Haare waschen. Ich habe mir extra eine Silk Haarkur von Rossmann mitgenommen und heute ist das Biest fällig. (Die Haarkur, nicht ich)

Es ist ein tolles Gefühl, unter der heißen Dusche zu stehen und das Shampoo ins Haar zu kneten. Zuviel Zeit darf ich mir allerdings nicht lassen, denn die Duschen funktionieren mit Münzeinwurf und mehr als 2 € will ich nicht investieren.

Endlich werde ich die Motorradsachen los. Nach dem Duschen ziehe ich das schwarze Mini­kleid an, dass ich in Kilkenny gekauft habe und dazu Leggings und die Ballerinas mit den Silber­nieten. Als nächstes muss ich mich darum kümmern, wo ich heute abend das Spiel sehen kann. Deutschland macht doch heute sein EM Auftaktspiel gegen Portugal. Ich denke, ich frage mal in der Rezeption.

Die Parkranger haben nicht den blassesten Schimmer, wovon ich überhaupt rede. Soccer kommt für sie erst hinter Celtic Football, Cricket und Rugby. Ich bekomme aber den Tipp, es einmal im Jacob's Well zu versuchen, dem örtlichen Pub oben im Dorf. Der Wirt sei ein großer Soccer Fan und würde vermutlich sämtliche Spiele auf dem Fernseher im Pub übertragen.

Das Spiel beginnt um 20.45 Uhr, nach hiesiger Zeit also 19.45 Uhr. Dann sollte ich jetzt meine Steaks braten, mich aufbrezeln und dann langsam losstöckeln. Mal sehen, wie die Typen im Pub so drauf sind.

Die Sirloin Steaks, die ich bei TESCO in Kilcock gekauft habe, sind echt klasse, 'matured for 21 days'. Warum gibt es diese Angabe bei uns nicht? Der heimliche Star aber ist das Carrot and Swede Mash, ein Püree aus Rüben und Karotten und bestimmt eine prima Grundlage fürs Pub, wenn Deutschland gewinnt und mir danach jeder einen ausgeben will.

Svenjas Campingküche in Irland

Nach dem Essen verschwinde ich mit dem Malkasten im Waschhaus, wo ich nicht die Einzige bin. Mit mehreren Girls stehen wir nebeneinander vor den Spiegeln und rüschen uns auf. Ein wenig Foundation, ein wenig mehr Foundation, großzügig Kajal und Mascara, die Perlen­ohr­ringe und meine Svenja-Kette.

Auf dem Weg ins Dorf komme ich am Tretbootverleih vorbei, wo ein paar Kids herumhängen und sich langweilen. "She's a man!", verkündet einer der pickeligen Rotzlöffel lautstark und sieht dabei in meine Richtung. Die Mädchen legen lautstarken Protest ein. Sie haben beim Schminken neben mir gestanden und versichern, dass sei unmöglich. Ich tue völlig unbetei­ligt, als habe ich das nicht auf mich bezogen, und gehe sorglos weiter, aber ich weiß schon, warum ich Jungs nicht leiden kann. Obwohl 'She's a man' schon witzig ist.

Es ist nicht weit bis zum Pub, aber der Weg durch den Wald den Berg hinauf ist trotzdem an­strengend. Puh, ich merke gerade jedes einzelne der 850 Gramm Nahrung, die ich eben in mich reingefressen habe.

Jacobs Well Rathdrum

Jacob's Well ist ein typisches Pub, eine Mischung aus Restaurant, Bar, Billardhalle und Familien­treff. In dem winzigen Ort kennt jeder jeden und der Wirt spricht die meisten Gäste mit Vornamen an.

In dem Moment, als ich durch die Tür komme, wird mir klar, dass ich etwas over­dressed bin. Dafür muss ich nicht einmal die Blicke der Landeier interpretieren. Gummistiefel und eine John Deere Mütze wären deutlich weniger aufgefallen.

Wie immer überspiele ich Unsicherheit mit Arroganz und setze mich an die Bar.

"What can I bring you, Dear?", fragt mich die Barfrau freundlich.
"A glass of white wine, please."
"Chardonnay or Pinot Grigio?"
"Pinot, please"
"That's four ninetyfive", sagt sie und stellt ein Fläschchen und ein Glas vor mich hin. Diese Miniflaschen gibt es bei uns im Supermarkt auch, aber dort haben sie 250 cl, während auf dieser 187 cl steht. Eine ungewöhnliche Größe.

Ich lege einen 5 € Schein auf den Tresen und bekomme 5 Cent Wechselgeld. Im Pub wird jeder Drink am Tresen bestellt, abgeholt und sofort bezahlt. Trinkgeld ist hier absolut unüblich. Ein amerikanisches Pärchen auf Urlaub aus den Südstaaten gibt zweimal großzügig Tip und erntet völliges Unverständnis. Der Wirt lässt den Euro auf dem Tresen liegen und wundert sich nur, warum Amis dauernd ihr Wechselgeld vergessen.

Jacobs Well Rathdrum Wicklow

Ich hatte im Reiseführer über das Bezahlen im Pub gelesen, war mir aber unsicher bevor ich es nicht selbst erlebt habe. Lässig stecke ich meine 5 Cent ein und komme mir dabei total weltmännisch vor.

Inzwischen habe ich den Spielplan der EM auf dem Tresen ausgebreitet und Pieps hat sich mit wichtiger Mine darauf gesetzt. Es ist schon ziemlich voll im Pub und fast alle Plätze sind besetzt. Neben mir ist die Essensausgabe und ich bin immer wieder erstaunt über die leckeren Gerichte, die an mir vorbeigetragen werden.

Es ist mir ein Rätsel, woher die englische Küche ihren sprichwörtlich miesen Ruf hat, aber in mir keimt ein Verdacht: Auf Speisekarten und im Supermarkt taucht immer wieder der Begriff 'minced beef' auf und ich selbst habe das lange für 'Fleisch mit Minzgeschmack' gehalten, was völliger Quatsch ist. 'To mince' bedeutet zerhacken, zerkleinern. Minced beef ist also Hack­fleisch und nichts anderes. Ein Missverständnis also?

Über der Bar hängt ein Großbildfernseher und ich sitze auf dem perfekten Platz. Inzwischen sind die Spieler auf dem Feld und es müsste jeden Moment anfangen. Als die ersten Takte unserer Nationalhymne zu hören sind, stehe ich so unauffällig wie möglich auf. Eigentlich nehme ich nur den Po vom Barhocker, aber in diesem Dorfpub, wo sich alle kennen, bleibt das natürlich nicht unbemerkt. Hinter mir höre ich jemanden flüstern: "She's german".

Fußball gucken im Pub

Die Männer neben mir am Tresen drücken mir die Daumen und plötzlich sind die Leute um mich herum für die deutsche Mannschaft. Das Spiel beginnt und der Wirt dreht die Lautstärke so weit auf, dass es eine Zumutung für die anderen Gäste ist, aber die scheint das nicht zu stören.

"That's real football!", ruft der Wirt in meine Richtung und danach gleich noch einmal an die übrigen Gästen im Pub, aber niemand interessiert sich für das Spiel.

Als das 1:0 für Deutschland fällt, bestelle ich ein Cider vom Faß. Zusammen mit Guiness, das gleich aus zwei Hähnen läuft, ist es eindeutig das beliebteste Getränk an der Bar.

Inzwischen ist es brechend voll im Pub und die Lautstärke ist ohrenbetäubend. Um mich herum steht eine Traube von Männern in drei Reihen vorm Tresen, lachen, trinken und unterhalten sich. Ich liebe die Stimmung im Jacob's Well. Das ist schon was anderes, als die trüben Tassen in Eddis Bierschwemme, die nur stumpf in ihr Bier heulen.

Es ist spät geworden und ich merke, dass ich langsam betrunken werde. Mit dem letzten Schluck Cider verabschiede ich mich und mache mich auf den Rückweg. Ein wenig tipsy und in allerbester Laune gehe ich durch die Nacht zurück zu meinem Zelt. Ich hätte eine Lampe mitnehmen sollen, aber nach einer Weile sehe ich die Lagerfeuer auf der Zeltwiese und von da ist es einfach, den Weg zu finden.

Rathdrum Camping Lagerfeuer

Meine Güte, war das ein toller Abend und überhaupt ein erstklassiger 1a Premium Urlaubstag.

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Svenja Svendura Panic Coda iMacMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.