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Jokertag in Limeuil
Meine Güte, haben wir gut geschlafen.
Ringsherum stehen meist englische Couples aus Wife and Husband in großen Luxury Motorhomes, die es sich erlauben können, das Frühjahr an der Dordogne zu verbringen.
Die wollen bloß ihre Ruhe haben. Wie ich.
Kurz nach Sonnenuntergang wurde es bereits still im Camp.
Heute lassen wir die Honda stehen und dackeln zu Fuß nach Limeuil.
Wir brauchen bloß über die beiden Brücken zu gehen, die erste über die Dordogne und die zweite über die Vézère, einmal scharf links abzubiegen und schon sind wir im Dorf.
Die Lage des Camps ist grandios: Gegenüber der malerischen Silhouette eines wunderschönen mittelalterlichen Dorfes, am Strand der Dordogne und mit Blick auf die Confluence.
Am Boden unseres Frühstücks aus Croissants, petits Pains au Chocolat und Krümelcafé wandere ich mit Pieps im Schlepptau auf der Route du Confluent über die Dordogne.
Für den Tagesausflug habe ich extra die gute Kamera umgehängt, eine alte Fuji X-E2s und drei Festbrennweiten.
Zoomobjektive liegen mir nicht: Damit bleibe ich genau dort stehen, wo ich mein Motiv entdeckt habe, reiße die Kamera ans Auge, zoome, knipse, und fertig.
Gegen meine natürliche Trägheit sind fixed Lenses besser: Damit muss ich den Bildausschnitt erst hintanzen, bis alles stimmt. Das ist nicht nur gut gegen meine Standfotografie, sondern macht mir auch Spaß.
Der erste Laden auf der Route de la Dordogne nach Limeuil hinein ist eine Boulangerie, eine Bäckerei, und die ist geschlossen, verriegelt, verrammelt und außerdem zu verkaufen:„A vendre“.
Der hochmoderne Backautomat vorm Laden, der 24/7 frisches Baguette liefern könnte, ist ebenfalls außer Betrieb. Für die 335 Bewohner des Dorfes ist das eine kleine Katastrophe, denn der nächste Supermarkt ist 7 km entfernt.
Ein Prunkstück des Dorfes ist die Mairie, das Bürgermeisteramt von Limeuil.
Es steht erhaben auf einer Terrasse über dem Fluss, und aus seinem Garten hat man einen malerischen Blick über die Dordogne rüber zum Campingplatz.
Drei Reiter sind drüben auf den Strand vom Camp geritten und lassen ihre Pferde im Fluss trinken.
Hoffentlich haben die wenigstens solche kleinen Schietbüdel mit wie Hundehalter, nur in größer.
Wenn am Strand nachher auch nur ein einziger Apfel liegt, ahne ich schon, woran Pieps berühmter Köpper heute in letzter Sekunde noch scheitern könnte.
Limeuil ist nur ein kleines Dorf, weder kann man sich verlaufen, noch benötigt man einen Stadtplan. Ich wandere vom Fluss weg durch die Grand Rue.
Im Mittelalter mag es die große Straße gewesen sein, aber nach heutigen Maßstäben ist es bloß eine enge Gasse, in der selbst der alte Renault 4 groß erscheint.
Die Straße, die steil den Berg hinaufführt verbindet Unterdorf mit Oberdorf.
Das Haus mit dem Torbogen heißt Maison du Porche und markiert die Grenze zum Oberdorf.
Im Mittelalter gab es hier ein massives Tor. Dahinter haben die Dörflinge aus Unterdorf Zuflucht im Fall eines Angriffs gesucht. In dem Haus davor mit dem beigen Garagentor, waren früher die Pferdeställe.
Limeuil erinnert mich sehr an Beynac, das mittelalterliche Dorf mit dem Campingplatz am Fuß der Burg, nur dass Limeuil viel, viel kleiner ist. Das mühsame Asten bei Hitze den Berg hinauf ist allerdings das Gleiche.
Wir sind auf dem Weg zu den Jardins Panoramiques de Limeuil, den Panoramagärten in einer alten Festungsburg auf dem Gipfel von Limeuil.
Wie jede Sehenswürdigkeit, die etwas auf sich hält, führt auch im Botanischen Garten von Limeuil der Zugang durch den Souvenirshop.
Es gibt Bücher, Spielzeugautos und allerlei unnützen Tand, aber auch eine schmale Vitrine mit Kugeleis. Und das ist, wenn das Drama beginnt: Es gibt kein Körsch-Eis.
Da ist zwar eine leuchtendrote Sorte, aber nicht Kirsch sondern Hibiskus.
Die wird Pieps nicht mögen, denn Hibiskus ist eine Art Hagebutte auf Steroiden, und die Maus hasst Hagebuttentee.
Nach zähen Verhandlungen, die teils auf Englisch, teils Französisch und Deutsch geführt werden, und einigen bitteren Tränchen – meinerseits – gelingt es der Eisverkäuferin und mir, eine ebenso verschwitzte wie wütende Maus zu überzeugen, dass es in Frankreich keine Kirschen gibt. Zumindest jetzt noch nicht. Wir einigen uns auf die etwas ungewöhnliche Kombination aus Schokolade und Zitroneneis. Meine Güte
Am Boden des Eisbechers wandern wir hinein in die Botanik
Die Gärten wurden um 1900 von einem Doktor Linarès angelegt, der zuvor Karriere als Leibarzt beim Sultan von Marokko gemacht hatte.
Die Anlage besteht aus thematisch verschiedenen Gärten: Dem Garten des Apothekers mit Heil-, Aroma- und Gewürzpflanzen,
dem Mittelalter Garten,
dem Garten der bunten Pflanzen, einem mediterranen Garten sowie dem Insekten- und dem Wassergarten.
In erster Linie aber ist es ein grandioser Lust- und Wandelgarten für englische Ladies und ältere Dämchen wie mich. Unglaublich, dass ich für sowas mal 9,80 Euro Eintritt zahlen würde.
Wenn mir das früher einer erzählt hätte, wäre ich ihm mit Greenys TKC80 einmal quer durch sein Rosenbeet gedriftet.
Sie haben sogar einen Mammutbaum, den ich äußerst beeindruckend und zugleich sehr fremdländisch finde. Es gibt viele exotische Pflanzen, doch das Aussehen interessiert mich mehr als die lateinischen Namen auf den Erklärtafeln. Nur den Mammutbaum, den hab ich mir gemerkt.
Der Höhepunkt ist die Aussichtsterrasse, wegen der die Gärten überhaupt Panoramagärten heißen. Von hier hat man einen sagenhaften Blick auf das Tal der Vézère, auf die Dordogne und die Confluence der Flüsse. Meine Güte, welch ein Ausblick.
Auf dem anderen Ufer der Dordogne kann man sogar den weißen Strand vom Campingplatz erkennen. Hinter der ersten Baumreihe stehen unser Zelt und die Honda.
Irgendwann habe ich genug Blumen, Büsche und Bäume gesehen und wir machen uns auf den Rückweg. Durch die Grand Rue wandern wir auf demselben Weg zurück, den wir gekommen sind.
Das waren heute drei Kilometer zu Fuß. Unglaublich, was der menschliche Körper leisten kann. Wir sind kaum zurück, da wirft Pieps sich in ihren neuen Bikini, den sie von ihrer Tante Silvia bekommen hat.
Der Kieselstrand am Ufer der Dordogne leuchtet einladend in der Sonne.
Das Wasser ist perfekt: Sauber und nicht zu tief, aber auch nicht zu flach und die Strömung ist badetauglich. Besser geht es nicht. Wenn es einen perfekten Ort und Tag für den ersten erfolgreichen Versuch im Köpper üben gibt, dann ist das hier und heute.
Leider war nie darüber gesprochen worden, welch mörderische Brandung die Dordogne an ruhigen Sommertagen wie diesem haben kann, und so muss der erste – beinahe – erfolgreiche Versuche in allerletzter Sekunde abgebrochen werden. Aus Sicherheitsgründen
Mitten in der Eier-mit-Speck Pfanne verlässt uns die erste Gaskartusche. Ich hatte eine halbvolle mit dem Rest aus Dalarna eingepackt. Ich drehe frisches Gas auf den Kocher und kurz darauf brutzeln die Eier munter mit Fett spritzend weiter vor sich hin. Unser Zelt duftet mit jedem Reisetag aromatischer. Wir auch.
Morgen verlassen wir die Dordogne und fahren nach Süden an die nächste Confluence. Doch das ist eine Geschichte für einen anderen Sonntag