Auf den Lofoten
In Harstad nehmen wir zwei Paletten Wandfarbe, eine Ladung Autoreifen und zwei Dutzend Passagiere an Bord. Während der Nacht gab es auf offener See Probleme mit der Maschine, so dass wir jetzt eine Stunde Verspätung haben.
Auch zwei Frauen gehören zu der Gruppe. Sie sind ebenso laut und prollig und passen perfekt ins Bild. Ausgesprochen unangenehme Zeitgenossen. Die meisten Passagiere sind inzwischen aus dem Eisbärsalon geflüchtet und auch wir verziehen uns ein Deck höher in die Observation Lounge.
In Risøyhamm wird ein großes, verschweißtes Paket von Würth ausgeladen und wir füllen den Laderaum mit zwei Paletten Tierfutter in 25 kg Säcken. Nach sagenhaften 9 min. Liegezeit dampfen wir schon wieder ab. Der Kapitän möchte sicher die 42 min. Verspätung wieder hereinholen, aber um ein Haar lassen wir dabei einen der Offiziere an Land zurück, der mit eiligen Schritten aus dem Hafenkontor kommt just in dem Moment, als die Gangway weggezogen wird. Diese wird eigens noch einmal angelegt, Offizier an Bord und weiter gehts.
Das Mittagessen ist heute kein Vergnügen. Der Speisesaal ist overcrowded von zu lauten, zu trinkenden und zu telefonierenden Norwegern, die sich ins Buffet eingekauft haben und sich mehrheitlich wie die Obelixe benehmen. Norwegische Männer lassen sich nicht allein durch ihre guten Manieren, ihren Feinsinn und eine erhabenen Zurückhaltung charakterisieren.
Diese hier benehmen sich jedenfalls wie ausgehungerte Bohrinselarbeiter auf ihrem ersten Urlaub. Betont damenhaft schlinge ich drei Portionen Rentiergulasch in mich hinein und verlasse anschließend feinsinnig und charmant den Speisesaal.
Es ist das Ausflugsboot für die Seeadlersafari. Die Passagiere, die diese Exkursion für 99 € gebucht haben, steigen über. "Guck doch einfach nach oben." fordert Claudia mich auf. Ich sehe hoch und tatsächlich, da fliegen zwei Seeadler direkt über uns. Auch ohne Safari kann man sie prima erkennen.
Erstaunlich große Biester, diese Seeadler und ich würde gerne teilnehmen, aber eine Nachfrage beim Reiseleiter bringt die Ernüchterung. Wie ich ihn verstanden habe, wird es wohl nicht gern gesehen, wenn man die Seeadler beim Füttern mit der üblichen Methode (Stück Brot, Angelhaken und 5 m Klaviersaite) aus der Luft fängt. Ich verliere das Interesse und gucke anschließend auch nicht mehr hoch.
In dieser Nacht habe ich einen wilden Traum. Ich hänge außen an einem Segelflugzeug, das im wilden Sturzflug auf den Boden zurast und erst im letzten Moment abgefangen wird und wieder steil nach oben schießt. Dann ein kurzer Moment der Schwerelosigkeit, bevor es wieder in den Sturzflug geht.
Von einem Knall in der Kabine werde ich wach. Es ist Claudias schwerer Reisekoffer, der mit Schwung gegen die Kabinentür geknallt ist und sich schon wieder engagiert auf den Rückweg zur gegenüberliegenden Wand macht. Hui, welch ein Seegang. Daher der verrückte Traum. Wir überqueren in dieser Nacht den Vesterfjord und erleben dabei den bisher heftigsten Seegang unserer Reise. Man gewöhnt sich daran und ich schlafe im Nu wieder ein, nachdem der Koffer verkeilt ist.
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