Inhaltsverzeichnis
Norwegen 2022
Tag 1 Kiel - Oslo
Tag 2 Oslo - Lillehammer
Tag 3 Peer Gynt Vegen
Tag 4 Jotunheimvegen
Tag 5 Slettefjellvegen
Tag 6 Slådals- u. Einunndalsvegen
Tag 7 Trontoppen u. Gammeldalen
Tag 8 Røros
Tag 9 Aursjøvegen
Tag 10 Trollstigen
Tag 11 Geiranger, Gamle Strynfjell
Tag 13 Stabkirche Urnes
Tag 14 Tindevegen - Snøvegen
Tag 15 Hardangervidda
Tag 16 Vrågåvegen
Tag 18 Vikersund - Oslo - Kiel
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Tindevegen und Snøvegen

Welch eine erholsame Nacht das war. Die Country­musik vom Wohnwagen nebenan ist irgendwann verblasst und ich habe 10 Stunden gut geschlafen. Die Therm-a-Rest Trail Pro ist bequemer als manches Bett. Vielleicht hätte ich sogar länger gelegen, wenn eine gewisse Maus nicht lautstark ihr Frühstück gefordert hätte.

Motorradtour nach Norwegen

Heute liegt nur eine kurze Tagesetappe von etwa 180 km vor uns und wir haben Zeit genug für ein ausgiebiges Frühstück. Nach dem ersten Becher Kaffee heize ich die Bratpfanne an.

Motorradtour nach Norwegen

Es soll Spiegeleier auf Brot geben, aber schon das zweite Eigelb geht beim Aufschlagen kaputt und nun gibt es zu Pieps großer Freude doch Rührei zum Frühstück.

Motorradtour nach Norwegen

Als das letzte Ei verspeist ist, rolle ich den Schlafsack und die Isomatte ein und baue das Zelt ab. Es ist noch nass vom Tau, als ich es in den Zeltsack stopfe, aber das macht nichts. Wenn es wieder aufgebaut ist, trocknet es im Nu.

Motorradtour nach Norwegen

Die Honda ist noch nicht ganz warmgefahren, als ein Schild an der Straße steht, Wittgenstein 1 km. Ein ungewöhnlicher Name für Norwegen. Erst zu Hause finde ich heraus, dass Ludwig Wittgenstein ein Wiener Philosoph war. Er ließ sich 1914 in Skjolden eine Hütte bauen, in der er gelebt und gearbeitet hat. Was immer Philosophen auch tun, wenn sie arbeiten. Irgendwelches Philosophenzeug, vermutlich.

Motorradtour nach Norwegen

Das erste Ziel heute ist der Tindevegen, eine 32 km lange Gebirgsstrecke, die von Øvre Årdal durchs Gebirge führt und eine tolle Aussicht auf die Gipfel von Jotunheimen bieten soll.

Die Wintersperre wurde erst vor 6 Wochen aufgehoben. Auf der Webcam vom Tindevegen war die Strecke frei, aber ringsum lag noch meterhoch Schnee. Die Hütte der Bomstasjon haben sie regelrecht aus dem Schnee herausschneiden müssen.

Motorradtour nach Norwegen

Die Strecke beginnt, wie alle diese norwegischen Bergstrecken beginnen, ein schmales Asphaltband durch eine baumlose, unwirtliche Landschaft mit Felsen und Gestrüpp. Bei Sonnenschein muss der Eindruck sagenhaft sein, doch heute ist der Anblick trostlos und trübe.

Motorradtour nach Norwegen

Schon nach wenigen Kilometern fahre ich durch Nebel und Wolken. Von der schönen Aussicht auf Jotunheimen ist nichts zu sehen, um mich herum ist nur Watte.

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Es gibt nur eine Mautstation für beide Richtungen. Die Schranke steht am höchsten Punkt der Straße in 1.315 m über dem Meeresspiegel. Ich halte am Automaten, stecke die Kreditkarte in den Leseschlitz des Kartenlesers und drücke motorsykkel.

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Es piept und die Schranke öffnet sich. Auf der anderen Seite des Berges ist die Sicht besser. Ein schmales Asphaltband schlängelt sich durch eine schneebedeckte Landschaft. Das Aquarium­thermometer am Lenker zeigt noch 7,9 °C. Zu kalt für Guppys, aber durchaus angemessen für eine Sommerreise durch Norwegen.

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Nach 32 km erreiche ich Øvre Årdal und bin zurück in der Zivilisation. Auf dem Riksvei 53 geht es am Årdalsfjord entlang weiter nach Lærdal. Hier beginnt der berühmte Lærdalstunnel, der längste Straßentunnel der Welt. Er führt 24,5 km lang unter dem Aurlandsfjell durchs Gebirge.

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Es ist ganz sicher ein Erlebnis, durch den längsten Tunnel der Welt zu fahren, aber Tunnel sind auch immer etwas langweilig. Zum Glück gibt es eine Alternative, den Snøvegen, der oben drüber verläuft, der alte Sommerweg aus der Zeit bevor es den Tunnel gab.

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Beschreibung Auf der Landkarte heißt die Straße Fylkesvei 5627. Der Name Snøvegen bezieht sich auf die gewaltigen Schnee­mengen, die bis in den Sommer dort liegen. Im Winter ist die Strecke gesperrt und wird erst Anfang Juni vom Schnee geräumt und wieder geöffnet.

Schon nach wenigen Kilometern führt die Straße durch Schnee und Eis. Von der Landschaft ringsum ist nichts zu sehen. Die Norweger können wohl nicht anders, als kalt, weiß und nass.

Der Schneetunnel ist schmal, die Sicht mies. Ich schalte das Fernlicht ein und hoffe, dass der Gegenverkehr mich rechtzeitig sieht und Platz macht.

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Nach vielen, vielen Kilometern durch eine Winterwelt öffnet sich der Blick. Am Aussichtspunkt Stegastein stehen zwei Reisebusse. Eine Gruppe von Touristen steht auf dem Skywalk und sieht in den Abgrund.

Unten am Fjord liegt Aurlandsvangen. Der Ausblick ist grandios. Touristen aus aller Welt kommen hierher. Heute sind es Chinesen. Das fröhliche Geplapper in der fremden Sprache ist überall um mich herum zu hören.

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Von einer früheren Reise erinnere ich mich, dass die Fahrt über den fast 50 km langen Snøvegen grandios ist, die Strecke, der Ausblick, doch heute habe ich außer Schnee und Wolken wenig gesehen. Ich hätte durch den Tunnel fahren sollen.

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Jetzt ist es nicht mehr weit bis nach Flåm. Dort gibt es einen Campingplatz am Ufer des Flåmselvi, kurz bevor er in den Aurlandsfjord mündet. Da wollen wir unser Zelt aufschlagen.

Ich traue meinen Augen nicht: Vor Flåm liegt ein Kreuzfahrtschiff vor Anker. Irgendeine monströse MS Overtourism of the Sea. Das ist verblüffend, denn wir sind etwa 150 km vom offenen Meer entfernt.

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Vor der Zufahrt zum Campingplatz reihe ich mich ein in einen Treck aus Wohnwagengespannen, die alle einchecken wollen. Im Camp stehen die Wohnmobile Schulter an Schulter nebeneinander mit Blick auf den Fjord. Ein Wald aus Satellitenschüsseln nimmt auch die letzte Illusion von Freiheit, Outdoor und Abenteuer.

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Der Ort ist overcrowded von Touristen, darunter Pieps und ich. Auf Wikipedia heißt es: Rund um den Hafen mit dem Kreuzfahrtanleger und den Bahnhof befindet sich umfangreiche touristische Infrastruktur (Souvenirläden, Restaurants, Tourist-Information etc.).

Aber das es so schlimm sein würde? Um solche Menschenmassen an einen Ort zu kriegen, braucht es Schiffe. Das bekommt man mit Bussen, Wohnmobilen und Motorrädern allein nicht hin.

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Ohne einen weiteren Gedanken an Flåm Camping zu verschwenden, wende ich die Enduro in der Platzeinfahrt und düse in die Gegenrichtung davon: „Das Schönste in Flåm war der Weg aus der Stadt.“

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Unser Camping Plan-B liegt nur 20 km weiter. Davon verlaufen fast 17 km unter Tage, zuerst durch den Flenjatunnel und dann im Gudvangentunnel. Sie machen dort schon dieses farbige Licht, das die Nerven beruhigen soll, wenn man unter Tunnelangst leidet. Es ist schön anzusehen.

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Kurz hinterm Tunnel liegt Vang Camping direkt an der E16. Die Zeltwiese ist saftig und liegt weit genug von der Straße entfernt, um nicht gestört zu werden. Der Wasserfall und der Fluss hinterm Zelt rauschen lauter.

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Wir nehmen die Picknickbank in Beschlag und ich decke uns den Abend­brot­tisch. Der Lachs hinten im Gepäck musste etwas leiden, wurde ge­quetscht und durchgerüttelt, aber dafür sieht er noch recht passabel aus.

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Inzwischen bekommen wir ein Problem mit der Fettversorgung: Unser Vorrat an Palmin geht allmählich zur Neige, aber für heute reicht es noch.

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Das war ein etwas öder Reisetag. Die Highlights, Tindeveg und Snøvegen konnten ihre Schönheit nicht entfalten, zu viel Schnee, zu viel Wetter.

Für heute reicht es: „Gute Nacht, Welt.“

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Svenja Svendura EndurowandernMade by Svenja Svendura on Apple iMac with Panic Coda and Photoshop Elements.